Jerusalem verabschiedet neuen Botschafter Lewy in Richtung Vatikan

Große Ambitionen in schwieriger Zeit

Laut dem neuen Botschafter Israels im Vatikan, Mordechai Lewy, sollte es im Heiligen Land weiterhin einen christlichen Bevölkerungsanteil geben. Die Abwanderung von Christen bewege sich in einer normalen Größenordnung. Einen politischen Hintergrund für die Abwanderung sehe er nicht, betonte Lewy gegenüber dem domradio. Dafür gebe es wirtschaftliche Gründe, weil die meist gut ausgebildeten Christen eben auch ihre Chancen in anderen Ländern suchten.

Autor/in:
Ulrich Sahm
 (DR)

Die Zahl der Christen in Israel sei relativ stabil und liege heute höher als vor 1967. Zu Spekulationen über einen eventuell bevorstehenden Besuch des Papstes in Israel sagte der Botschafter, Benedikt XVI. sei in Israel herzlich willkommen. Der Zeitpunkt dafür hänge vor allem vom Papst selbst ab.

Großer Abschied
Der vatikanische Nuntius, der griechisch-orthodoxe Patriarch, Geistliche mit allen für Jerusalem so typischen Roben und Hüten der Armenier, Syrer, Kopten und anderer Kirchen hatten sich am Sonntagabend im sechsten Stock der Jerusalemer Stadtverwaltung versammelt, um zusammen mit Bürgermeister Uri Lupoliansky den städtischen «Berater für christliche Angelegenheiten» zu verabschieden. Der am Tag der Gründung Israels in Tiberias geborene Diplomat Motti Lewy (59) wird in wenigen Tagen seinen Posten als neuer israelischer Botschafter am Heiligen Stuhl aufnehmen.

Lupoliansky sagte, die neue Aufgabe sei für Lewy, der 17 Jahre lang als Diplomat in Bonn und Berlin und als Botschafter in Thailand diente, «passend wie ein Handschuh». Nach seinem Militärdienst habe er an der Hebräischen Universität eine Magisterarbeit über die «aufstrebenden christlichen Orden im Mittelalter» geschrieben.

Der Nuntius in Jerusalem, Erzbischof Antonio Franco, gratulierte seinem «lieben Freund» zu seiner neuen Aufgabe im Vatikan. Lewy habe sich als Berater des Jerusalemer Bürgermeisters darum bemüht, die Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan «einem Ideal näher zu bringen» - was in der Tat ein weites Arbeitsfeld darstellt.

Lewy selbst berichtete, dass er sich nicht nur um die Beziehungen zu den vielfältigen christlichen Kirchen, sondern auf besonderen Wunsch Lupolianskys auch um die Muslime in der Stadt gekümmert habe. In der schwierigen Stadt Jerusalem gebe es «einen stabilen Faktor: Sie ist allen drei monotheistischen Religionen heilig.» Doch wegen schwindender Zahlen befänden sich die Christen in einer bedrängten Lage. Eindringlich warnte Lewy vor einem «Trauma in der christlichen Welt», falls sie eines Tages, wenn alle abgewandert seien, feststellen sollte, dass es in Jerusalem und im Heiligen Land keine ortsansässige Christen mehr gebe.

Lewy appellierte an den Staat Israel und an die Stadtverwaltung, «nicht nur in die Steine der Heiligen Stätten zu investieren, sondern auch in die Menschen in Ostjerusalem». Weiter sagte er: «Wir Juden sind uns nicht bewusst, was es für die Welt bedeuten würde, wenn Jerusalem von Christen entleert wäre.» Zur Stärkung der israelischen Souveränität in Jerusalem sollten, so sein Wunsch, auch Investitionen in die große muslimische Gemeinschaft unternommen werden: «Um das gesellschaftliche Geflecht zu stärken, müssen wir gemeinsame Interessen finden.»

Bürgermeister Lupoliansky betonte, Lewy sei «der beste Botschafter der christlichen Gemeinschaft in der Jerusalemer Stadtverwaltung» gewesen: «Jeden Tag hat er mir deren Bedürfnisse und Wünsche vorgetragen.» Und der Bürgermeister verriet auch, dass ihm Lewy schon 1993, nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Vatikan und Israel, bekannt habe: «Mein Lebenstraum ist es, Botschafter von Israel und Jerusalems am Heiligen Stuhl zu werden.» Dieser Traum wird nun Wirklichkeit. Als einen Auftrag gab Lupoliansky Lewy auf den Weg, er möge Papst Benedikt XVI. zu einem Besuch in der Heiligen Stadt Jerusalem einladen.