Papst Benedikt XVI. hält Messe in Washington vor 46.000 Gläubigen

"Ein Volk der Hoffnung"

Den ersten großen Gottesdienst seiner USA-Reise hat Papst Benedikt XVI. am Donnerstag gefeiert. Im Nationals Stadium Washington feierte er mit 46.000 Menschen - darunter 250 Bischöfe, 14 Kardinäle und 1.300 Priester.

 (DR)

Sie hatten schon Stunden in der Arena gewartet und ein Vorprogramm mit Musik verfolgt. Bei seiner Ankunft am Stadion wurde das Kirchenoberhaupt vom Erzbischof von Washington, Donald William Wuerl, und politischen Vertretern begrüßt.

Anschließend fuhr Benedikt XVI. im Papamobil durch das Stadion. Dabei sang ein Chor "Großer Gott, wir loben dich" auf Englisch und Deutsch.
Konzelebranten des Gottesdienstes waren Wuerl und Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone. Die vor allem mit englischen und spanischen Texten gefeierte Messe ist den Gläubigen der US-Hauptstadt gewidmet. An dem Gottesdienst nehmen auch etwa 250 Bischöfe, 14 Kardinäle und 1.300 Priester teil.

Papst: Einwanderer wichtig für die US-Kirche
Benedikt XVI. würdigte in seiner Predigt die Bedeutung der Einwanderer für die Kirche in den USA. Diese sei auch dank des lebendigen Zeugnisses der spanischsprachigen Gläubigen gewachsen, sagte der Papst auf Spanisch. In seiner ansonsten auf Englisch gehaltenen Ansprache rief er die Katholiken des Landes auf, sich weiter für die Zukunft der Kirche und die Verkündigung des Evangeliums einzusetzen. Wie schon in den vergangenen Tagen ging Benedikt XVI. auf die Missbrauchs-Skandale ein, die die US-Kirche in den vergangenen Jahren erschütterten.

«Keines meiner Worte kann den Schmerz und das Leid beschreiben, das solcher Missbrauch zufügt», sagte das Kirchenoberhaupt.
Unbeschreiblich sei auch der Schaden innerhalb der Kirche. Den Opfern müsse man mit seelsorgerischer Liebe begegnen. Der Papst lobte Fortschritte im Umgang mit der «tragischen Situation» und zum Schutz der Kinder. Dieser Weg sei fortzusetzen. Er rief die Anwesenden auf, alles ihnen Mögliche zu tun, um Heilung und Versöhnung zu fördern und jene zu unterstützen, die verletzt wurden. Gleichzeitig bräuchten die Priester Bestärkung in ihrer hervorragenden Arbeit.

«Ein Volk der Hoffnung»
Benedikt XVI. nannte die Amerikaner ein Volk der Hoffnung. Ihre Vorfahren seien mit der Erwartung ins Land gekommen, neu zu beginnen, neue Chancen zu finden und eine neue Nation zu gründen. Diese Hoffnungen hätten nicht alle Bewohner des Landes erfahren, betonte der Papst. Er erinnerte an die Ungerechtigkeiten, die die Ureinwohner Amerikas und die aus Afrika gewaltsam ins Land gebrachten Sklaven hätten ertragen müssen. Hoffnung auf die Zukunft sei aber ein Teil des amerikanischen Wesens.

Die Gegenwart sei eine Zeit großer Verheißungen, sagte das Kircheoberhaupt. Es gebe aber auch klare Zeichen für einen Zusammenbruch der Fundamente der Gesellschaft: Zeichen der Entfremdung, des Zorns, wachsender Gewalt, eines schwindenden moralischen Bewusstseins, einer Verrohung sozialer Beziehungen und einer wachsenden Gottvergessenheit.

Polarisierung in der Kirche
Auch die Kirche durchlebe neben hoffnungsvollen Zeichen in starken Pfarreien mit vielen jungen Menschen und Enthusiasmus auch schmerzhafte Erfahrungen, erinnerte der Papst. Er sprach von einer Spaltung und Polarisierung innerhalb der Kirche. Zudem lebten viele getaufte Kirchenmitglieder entgegen der Wahrheit des Evangeliums. Diese Herausforderungen verlangten eine umfangreiche und gründliche Ausbildung in Glaubenswahrheiten und die Kultivierung einer katholischen Grundhaltung. Aufgabe der Kirche sei, Menschen aller Herkunft, Sprachen und Völker das Evangelium zu verkünden.

Besonders nahm Benedikt XVI. die Bischöfe, Priester, Ordensleute, aber auch Eltern und Lehrer in die Pflicht. Die Treue und der Mut, mit denen die Kirche des Landes auf die Herausforderungen antworte, die eine mehr und mehr säkulare und materialistische Gesellschaft mit sich bringe, hänge zum Großteil von ihrer Treue in der Weitergabe des Glaubens ab.

Auszüge aus der Predigt
„Die Welt braucht Zeugnisse. Wer kann verneinen, dass der jetzige Moment einen Wendepunkt nicht nur für die Kirche, sondern für die gesamte Gesellschaft darstellt? Es ist eine Zeit großer Versprechen, denn wir sehen, wie sich die menschliche Familie zunehmend in verschiedenen Arten näher kommt und damit unabhängig wird. Gleichzeitig jedoch sehen wir klare Zeichen eines beunruhigenden Zusammenbruchs auf den gleichen gesellschaftlichen Grundlagen: Zeichen der Entfremdung, der Wut und Gegenüberstellung bei vielen Zeitgenossen; wachsende Gewalt, Schwächung des moralischen Sinnes, Verderben der sozialen Beziehungen und ein wachsendes Vergessen Gottes. Auch die Kirche sieht Zeichen immenser Versprechen in vielen ihrer soliden Pfarrerein und motivierter Bewegungen. ... Gleichzeitig spürt sie - oft schmerzhaft - die Präsenz der Teilung und der Polarisation in ihrem Inneren. Sie macht auch die schockierende Entdeckung, dass viele Getaufte, anstatt wie Glaubende zu handeln, dazu zu neigen sich entgegen dem, was das Evangelium sagt, zu verhalten. ... Der Glaube und der Mut, mit denen es die Kirche in diesem Land schaffen wird, sich der Herausforderung zu stellen, der Herausforderung einer Kultur, die zunehmend säkularisiert und von Materiellem anhängig ist, wird größtenteils abhängig sein von eurer eigenen Treue in der Vermittlung des Schatzes unseres katholischen Glaubens. Die Jugend braucht Hilfe, den Weg zu erkennen, der zur wahren Freiheit führt: die Straße einer ehrlichen und großzügigen Nachfolge Christi, den Weg, der Gerechtigkeit und dem Frieden gewidmet ist. Die Herausforderungen, die uns bevorstehen, fordern eine ausführliche und wohltuende Lehre in der Wahrheit des Glaubens. Aber sie verlangen auch ein neues Denken zu pflegen, eine intellektuelle katholische Kultur, vertrauensvoll und in Harmonie zwischen Glaube und Recht, den Reichtum der Vision des Glaubens im Kontakt mit dringenden Fragen, die die Zukunft der amerikanischen Zukunft betreffen.

... Die Amerikaner waren immer ein Volk der Hoffnung: Eure Vorfahren sind in dieses Land gekommen, um mit der Erwartung eine neue Freiheit zu finden und neue Gelegenheiten. ... Sicher ist diese Erwartung nicht die Erfahrung aller in diesem Land gewesen, reicht es, wenn man an das ungerechte leiden der eingeborenen, amerikanischen Ur-Bevölkerungen denkt und an die vielen Menschen, die aus Afrika hierher kamen und versklavt wurden. Aber die Hoffnung, die Hoffung auf das Zukünftige, ist ein Teil des amerikanischen Charakters. Die christliche Tugend der Hoffnung hat auch das leben der katholischen Gemeinschaft charakterisiert und wird es weiter tun. Und im Kontext dieser Hoffnung, geboren aus Liebe und Treue zu Christus, greife ich den Schmerz auf, den die Kirche in Amerika durch den Skandal des Missbrauchs an Minderjährigen erleiden muss. Es ist von großer Bedeutung allen, die dies erleiden mussten, liebevolle Aufmerksamkeit und geistlichen Beistand zu geben. Es ist nicht möglich in angemessener Art den Schmerz auszudrücken, den die katholische Gemeinschaft deshalb in ihrem Inneren verspürt.

Heute ermutige ich jeden von euch alles möglich zu machen, um die Heilung und die Versöhnung zu fördern, um all denen zu helfen, die verletzt wurden. Außerdem bitte ich euch, eure geistlichen zu lieben und ihnen ihre wunderbare Arbeit zu bestätigen. Vertrauen wir der Macht des Geistes zu bekehren, jede Wunde zu heilen, jede Teilung zu überwinden, Leben und eine neue Freiheiten herbeizuführen. Wie sehr brauchen wir diese Gaben! Und wie sehr sind diese griffbereit, besonders im Sakrament der Buße. Die befreiende Kraft dieses Sakraments, in dem unsere Bekenntnis der Sünde auf die barmherzigen Worte des Verzeihens und des Friedens von Seiten Gottes trifft, muss von jedem Katholiken wiederentdeckt und sich zu eigen gemacht werden. Vor allem hängt die Erneuerung der amerikanischen Kirche von der Erneuerung der Gepflogenheiten der Vergebung und des Wohlbefindens ab. Im Namen des Herren Jesu Christus bitte ich euch jede Teilung zu beseitigen und mit Freude zu arbeiten, um die Straße für ihn vorzubereiten, seinen Worten zu vertrauen und der stetigen Konversion."