Schäuble schlägt Hilfsangebote für verfolgte Christen vor

Irak-Flüchtlinge werfen Fragen nach Asyl-Standards auf

Vor genau einem Jahr hatte Schweden um Hilfe gerufen.
Das Land bat um Beistand der EU angesichts der dort stark wachsenden Zahl irakischer Flüchtlinge. Der damalige EU-Ratspräsident, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), beschied die Schweden damals mit dem Hinweis, zunächst einmal sollten Fachleute die Lage prüfen. Zwei Monate später, im Juni 2007, verständigten sich die EU-Innenminister darauf, die Situation weiter zu beobachten. Es sollte ein "exaktes und umfassendes Lagebild erstellt werden". Konkrete Maßnahmen, um etwa die vorwiegend in Schweden um Asyl nachsuchenden Iraker auf andere EU-Staaten zu verteilen, gab es indes nicht.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Jetzt trat Schäuble selbst mit einem Vorschlag zur Aufnahme von Irak-Flüchtlingen vor seine EU-Amtskollegen. Er regte an, die EU solle ein Kontingent christlicher Flüchtlinge aufnehmen. An wie viele er dabei denkt, mochte er nicht sagen. Doch sollten die Angehörigen religiöser Minderheiten proportional auf die EU-Staaten verteilt werden. Dass Deutschland seinen Teil aufnimmt, dafür hatte sich Schäuble am Vortag bei den Länderinnenministern die Zustimmung geholt. Die katholische EU-Bischofskommission COMECE, die bereits im November 2007 die EU zur Aufnahme von christlichen Minderheiten aus dem Irak aufgerufen hatte, fordert ein Kontingent von etwa 60.000 Flüchtlingen.

Die COMECE wurde damals von der slowenischen EU-Präsidentschaft mit dem Hinweis beschieden, dass jedes Land selbst über die Aufnahme von Flüchtlingen entscheide. Schäuble will aber jetzt positivere Signale von seinen Amtskollegen erhalten haben. Die rasch aufgeworfene Frage, warum ausgerechnet Christen aufgenommen werden sollten, beantwortete Schäuble mit deren besonderer Gefährdung. Europa stünde es gut an, sich besonders um diese Gruppe zu kümmern, meinte er.

Die Debatte über Irak-Flüchtlinge in der EU wirft aber zugleich Fragen über den unterschiedlichen Umgang mit Asylbewerbern in den 27 Mitgliedstaaten auf. Selbst der CSU-Europapolitiker Manfred Weber stellte die Frage, wie es sein könne, dass irakische Flüchtlinge in Griechenland fast immer abgelehnt würden, in Schweden dagegen "mit Kusshand genommen" werden. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen erhoben schon vor Monaten massive Vorwürfe gegen die griechischen Behörden. So gebe es systematisch Zurückweisungen von Flüchtlingsbooten auf offener See durch die Küstenwache, in Aufnahmelagern werde misshandelt oder sogar gefoltert. Auch das UNHCR warnte jüngst davor, Flüchtlinge nach Griechenland zurückzuschicken. Das ist nach einer EU-Regelung möglich, weil für Asylbewerber das Land zuständig ist, in dem sie EU-Territorium erreichten.

Griechenlands Innenminister Prokopis Pavlopoulos sah sich genötigt, vor den EU-Amtskollegen jetzt zu erklären, dass die Vorwürfe falsch seien. Griechenlands Bestreben sei, die Menschenrechte zu achten, sagte er in Luxemburg. Er überreichte den Amtskollegen ein bebildertes und mit Statistiken angereichertes Bündel an Unterlagen, um zu belegen, dass alles in Ordnung sei.

Aus den von ihm vorgelegten Zahlen geht aber auch hervor, dass von deutlich über 25.000 Flüchtlingen im vergangenen Jahr gerade einmal
214 einen offiziellen Schutzstatus oder Asyl in Griechenland erhielten. Norwegen stellte deshalb schon Abschiebungen nach Griechenland ein. In den Niederlanden und Belgien verhinderten Gerichte jüngst solche Überstellungen. Schäuble dagegen erklärte am Freitag, er sehe keinen Grund, Rückführungen nach Griechenland auszusetzen. Allerdings kündigte die EU-Kommission Vorschläge an, um gemeinsame Standards bei der Anerkennung von Asylbewerbern für die EU verbindlich zu machen. Und an Griechenland appellierte ein Kommissionssprecher eindringlich, seine Verpflichtung einzuhalten, allen Asylbewerbern ein faires Verfahren zu gewähren.