Geheimdienste spähen am Hindukusch nach dem Verbleib von Hilfsgeldern in Milliardenhöhe

Die Dollars versickern

Ein heißes Eisen am Hindukusch fassen die Politiker nur sehr ungern an. Die brisante Frage lautet: Kommen die Hilfsgelder für Afghanistan in Milliardenhöhe dort an, wo sie hin sollen? Denn es scheint: Es versickern große Summen in dunklen Kanälen.

Autor/in:
Friedrich Kuhn
 (DR)

Alle in der afghanischen Hauptstadt Kabul stationierten Geheimdienste haben von ihren Regierungen den Auftrag, nach dem Verbleib der vielen Dollars zu spähen. "Oft versickern große Summen in dunklen Kanälen, die es auch in hohen Verwaltungs- und Regierungsstellen gibt", berichtete ein Vertreter des US-Auslandsgeheimdienstes CIA am Sonntag der Nachrichtenagentur ddp in Kabul.

Der CIA-Mann schilderte einen markanten Fall: In ein Privathaus eines Mitgliedes der Regierung von Präsident Hamid Karsai wurde vor geraumer Zeit eingebrochen. Der Minister hatte in seinem Domizil 800 000 Dollar in bar versteckt. Die Diebe machten gute Beute. Der Minister kam in große Erklärungsnot. Er konnte und wollte nicht der Polizei die Herkunft der Dollars angeben. Die Sache sei schlicht zu den Akten gelegt worden, meinte nachdenklich der CIA-Vertreter.

Die BND-Affäre
In all dem Wirbel um die elektronische Ausspähung des afghanischen Handelsministers Amin Farhang wurde in Berlin mit Schweigen auf die Frage reagiert, ob der Bundesnachrichtendienst (BND) generell den Auftrag hatte, Ausschau nach dem Verbleib von deutschen Hilfsgeldern in Afghanistan zu halten. Ein Zusammenhang in dieser Frage mit Farhang sei auf jeden Fall auszuschließen, wurde lediglich erklärt. Auch hieß es, das Kanzleramt prüfe, ob vom BND auch andere Ministerien ausgespäht worden seien.

Aufgabe des deutschen Auslandsnachrichtendienstes ist die Beschaffung und Auswertung politischer, militärischer, wirtschaftlicher, technischer und wissenschaftlicher Informationen. In Paragraf eins des BND-Gesetzes heißt es: "Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus".

Geheimdienstler wiesen darauf hin, dass die CIA und die britischen sowie französischen Dienste ständig ein "scharfes Auge" auf alle afghanischen Regierungsmitglieder und andere Verwaltungsstellen hätten. "Da mischen Kräfte im Hintergrund mit, die wir zumeist nie aufspüren können", berichtete ein CIA-Vertreter. Der afghanische Geheimdienst NDS arbeitet mit seinen rund 15 000 Agenten eng mit dem Bundesnachrichtendienst zusammen. Der NDS habe schon oft mitgeholfen, dass in Afghanistan entführte Deutsche wieder freikamen. Allerdings seien die NDS-Leute jetzt "not amused", nicht erfreut, dass ihre BND-Freunde "so plump gegen Farhang vorgegangen sind", war aus NDS-Kreisen zu hören.

"Unmögliches Vorgehen"
Dass die BND-Spezialisten so "dreist" waren, die elektronische Post von Farhang mit der "Spiegel"-Reporterin Susanne Koelbl mitzulesen und damit eine Grundrechtsverletzung gegen eine deutsche Staatsangehörige zu begehen, wurde am Wochenende von hohen BND-Vertretern erneut als ein "unmögliches Vorgehen" bezeichnet. Es werde dauern, bis der Dienst aus dem "Schlamassel" herauskommt.

Der aufs Neue in die Bredouille geratene BND-Präsident Ernst Uhrlau ist nach Aussagen aus dem Kanzleramt "angezählt", werde jedoch bis zur Bundestagswahl im Amt bleiben, war am Sonntag zu erfahren. Als Nachfolger von Uhrlau wird aber bereits der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche (CSU), gehandelt. Er gilt als "sehr versiert in geheimdienstlichen Angelegenheiten" und als unauffälliger Fachmann, der eher aus dem Hintergrund wirkt.