Neue Anschläge in Afghanistan - Experte im domradio-Interview

"Der Widerstand verstärkt sich"

Erst am Wochenende war in der afghanischen Hauptstadt Kabul auf Präsident Karsai geschossen worden. Heute kam es nach Angaben des Verteidigungsministeriums zu einem Anschlag auf eine Einheit der Bundeswehr. Weder Soldaten noch Fahrzeuge kamen zu Schaden. Doch "der Charakter des Widerstandes in Afghanistan ändert sich", erläutert Afghanistan-Experte Dr. Martin Baraki im domradio-Interview. Der Widerstand gegen die "Besatzer" wächst.

 (DR)

"Es sind nicht nur die Taliban, die solche Aktionen durchführen. Es gibt dort auch andere Kräfte", gibt Afghanistan-Experte Baraki zu Bedenken. Das Hauptproblem seien nicht die Taliban oder der afghanische Widerstand insgesamt. "Das Problem sind die Besetzungsmächte", so Baraki. "Solange die in Afghanistan bleiben und dort Krieg führen, wird dieser Widerstand nicht aussetzen. Er wird eine breitere Basis bekommen", sagt Baraki.

"Die Menschen in Afghanistan sind traumatisiert", beobachtet Baraki bei einem Besuch in seinem Herkunftsland. "Für die einfachen Menschen sind die Lebensverhältnisse unerträglich." Es müsse den Menschen wieder gewährt werden, über sich selbst zu bestimmen und zum Beispiel eine eigene Regierung zu wählen, statt irgendeine Regierung von Außen oktruiert zu bekommen und diese "mit militärischen Mitteln an der Macht zu halten".

Das Argument, viele seien aus Angst vor einem noch größeren Chaos gegen einen Abzug der Besatzungstruppen, sei aus der Luft gegriffen. "Das sagen sie, um ihren Besatzungsstatus zu legitimieren", betont Baraki. "Wenn sie sich aus dem Land zurückziehen würden, würde der Widerstand mit einem Schlag aufhören", ist der Experte überzeugt.