Der Berliner "Karneval der Kulturen"

Ein internationales Narrenschiff

Mehr als 4.000 Jugendliche aus insgesamt 80 Ländern werden heute durch Berlin ziehen, in der Hauptstadt ist wieder "karneval der Kulturen". Für alle Beteiligten eine rundum bunte Sache - das zeigten schon die Vorbereitungen.

Autor/in:
Benedikt Plesker
 (DR)

In jedem Atelier hängen große Papptafeln. Mit Filzstift sind die wichtigsten Verben auf Deutsch, Französisch und Türkisch aufgeschrieben, die die Tanzlehrerin braucht, um den Kursteilnehmern die richtigen Schritte beizubringen. Im Jugendkunst- und Kulturzentrum Schlesische 27 in Berlin läuft in diesen Tagen alles dreisprachig: Probe für den bevorstehenden Umzug zum "Karneval der Kulturen" am Sonntag. Die Jugendlichen dort zählen zu den 4.500 Akteuren aus insgesamt 80 Ländern, die mit bunten Kostümen durch die Straßen der Hauptstadt ziehen werden.

Im Jugendzentrum üben junge Menschen aus dem französischen Lyon und dem türkischen Istanbul zusammen mit Berufsschülern aus Berlin und Brandenburg an ihren Choreographien, fertigen Kostüme und bauen ihren Wagen. All das innerhalb einer Woche. Stefanie Steinkopf ist Leiterin des Projekts, das es schon seit zwölf Jahren gibt. Premiere in diesem Jahr ist die Teilnahme der Schüler eines Gymnasiums in Istanbul. In den meist zehn Tagen des Austauschs lernen die Gäste aus West und Ost nicht nur die deutsche Hauptstadt kennen, sondern planen vor allem ihren Auftritt im großen Karnevalsumzug.

Für das Jahr 2008 steht das Thema "Narrenschiff" auf dem Plan: Auf der Ladefläche eines Transporters entsteht ein Schiff. Das Fundament
- gebaut aus braun besprühtem Schaumstoff auf einem Metallgerüst - befestigen Fabian Köhler und zwei der französischen Gäste in der Mittagssonne. Er ist einer der deutschen Betreuer für die Gäste, die bei ihrem oftmals ersten Besuch in Deutschland ab und an vor Problemen stehen: "Irgendwie muss man sich verständigen", meint Fabian, nachdem er einer Französin mit wenigen Wortschnipseln erklärt hat, was sie als nächstes tun könne.

Hindernis Sprachbarriere
Das größte Hindernis zwischen den Jugendlichen - die unterschiedlichen Sprachen - überwinden aber meist andere für die insgesamt 23 Teilnehmer zwischen 17 und 24 Jahren: Die Dolmetscher. Eigens für das Austauschprogramm stehen den Jugendlichen Übersetzer zur Seite. Doch von dem großen Aufwand ist wenig zu spüren: "Übersetzen ist unsere Hauptaufgabe, aber die Arbeiten gehen ineinander über", sagt Dilara Aksoy. Die Berliner Turkologie-Studentin ist über eine Freundin auf das Projekt des Jugendzentrums aufmerksam geworden und jetzt als Übersetzerin dabei.

Die junge Frau gestaltet ebenso wie die Teilnehmer ihr eigenes Kostüm für den Umzug und übt die Choreographie mit ein. Bis zum Umzug am Pfingstsonntag werden auch die Hände der Übersetzer weiterhin fleißig agieren. Und wenn neben Tanzen, Schneidern und anderen Arbeiten mal keine Zeit mehr bleibt, sich um die Sprachprobleme zu kümmern, bleibt den Teilnehmern immer noch das Selbststudium. Denn in jedem Atelier hängen große Papptafeln.