Hunderttausende Sturmopfer in Birma ohne ausreichende Hilfe - Militärjunta lässt nur wenige Helfer ins Land

Zwei vergebene Wochen

Zwei Wochen nach dem verheerenden Wirbelsturm in Birma sind die Opfer noch immer ohne ausreichende Hilfe. Lediglich 212.000 von etwa 750.000 Menschen, die am dringendsten Unterstützung benötigten, hätten bisher mit Nahrungsmitteln versorgt werden können, sagte ein Sprecher des Welternährungsprogramms (WFP) am Sonntag in Bangkok. "Das reicht aber nicht", machte der Sprecher klar. Die birmanische Militärregierung erlaubte bisher nur wenigen ausländischen Helfern die Einreise in das südostasiatische Land.

 (DR)

Über die Zahl der Toten kursieren höchst unterschiedliche Angaben: Birmas Militärjunta bezifferte ihre Zahl am Wochenende auf etwa 78.000. Die Vereinten Nationen befürchten jedoch, dass mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Das Internationale Rote Kreuz sprach von bis zu 128.000 Toten, die britische Regierung gar von bis zu 217.000 Toten oder Vermissten. Sie beruft sich dabei auf inoffizielle Schätzungen.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind bis zu 2,5 Millionen Menschen durch den Wirbelsturm "Nargis" obdachlos geworden. Die Hilfsorganisation "Save the Children" befürchtet, dass innerhalb der nächsten zwei bis drei Wochen mehrere tausend Kinder an den Folgen der Unterernährung sterben könnten, wenn sie nicht umgehend Hilfe erhalten.

Ungeachtet der immer verzweifelter werdenden Lage lassen Birmas
Militärs weiterhin nur schleppend ausländische Hilfe zu. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat deshalb seinen Koordinator für humanitäre Hilfe, John Holmes, nach Birma geschickt. Holmes, der am Sonntagabend in Rangun erwartet wurde, soll das Militärregime dazu bewegen, mehr ausländische Helfer einreisen zu lassen. Auch solle diesen uneingeschränkter Zugang ins Katastrophengebiet erlaubt werden.

Derweil hält ein Disput zwischen Frankreich und Birma an, wie mit den Hilfslieferungen des französischen Schiffs "Le Mistral" verfahren werden soll, das vor Birmas Küste ankert. Das Militärregime wirft den Franzosen vor, ein "Kriegsschiff" entsandt zu haben.

EU-Entwicklungskommissar Louis Michel erklärte, die Militärs könnten nur durch Dialog zur Einsicht gebracht werden. Die Junta könne sich offensichtlich nicht vorstellen, dass die Weltgemeinschaft allein aus humanitären Gründen helfen wolle, so Michel im belgischen Fernsehen.

Eine Reise in das vom Zyklon am schwersten verwüstete Gebiet im
Irrawaddy-Delta war ihm verwehrt worden. Anderen ausländischen
Diplomaten wurde der Besuch am Samstag gestattet. Der Abstecher galt jedoch als Schauveranstaltung. Er sollte den Beobachtern
signalisieren, dass die Junta die Lage unter Kontrolle habe.

Im thailändischen Exil lebende Dissidenten sind davon überzeugt, dass das Taktieren der Militärregierung anhalten werde. "Das Regime fürchtet sich davor, Ausländer ins Land zu lassen", sagte Khin Ohmar vom "Forum für Demokratie" kürzlich in Bangkok. "Es sorgt sich darum, die Kontrolle verlieren zu können." Daher werde die Junta ihre Blockadehaltung beibehalten. Nur ab und zu werde sie ein paar Helfern die Einreise erlauben.

Unterdessen kündigten die Außenminister des südostasiatischen
Staatenbundes ASEAN für Montag ein Treffen in Singapur an. Unter anderem wollen sie darüber beraten, wie UN und ASEAN ihre Hilfsmaßnahmen besser koordinieren könnten. Auch ist offenbar geplant, eine internationale Geberkonferenz für das ASEAN-Mitglied Birma einzuberufen. Ersten Angaben zufolge soll diese am 24. und 25. Mai in Südostasien stattfinden.