Kardinal Rodriguez fordert, die Option für die Armen in Tat umsetzen

Nicht reden, sondern tun

Der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga hat zu einem tatkräftigen Umsetzen der vorrangigen Option für Armen aufgerufen. Über den immer größeren Graben zwischen Arm und Reich müsse nicht nur gesprochen, sondern auch etwa dagegen getan werden, sagte er am Samstag auf dem Katholikentag in Osnabrück. Es gehe darum, konkret etwas für die Option für die Armen zu tun.

 (DR)

Als Beispiel nannte er einen Brief, den Kirchenvertreter auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Spitzen der EU gegeben hatten. Darin rufen sie dazu auf, Armutsbekämpfung zu einem zentralen Punkt gemeinsamer Politik zu machen. Rodriguez sagte, die Kirche werde sich auch weiter an Politiker und Ökonomen richten; also an jene, die eine Änderung bewirken könnten.

Der Kardinal wandte sich gegen die Auffassung, dass die Kirche sich nicht in Politik einmischen dürfe. Sie könne keiner Partei angehören, dürfe sich aber auch nicht in die Sakristei zurückziehen. Die Kirche müsse politische Ideen von ihrer Soziallehre her betrachten.
Rodriguez äußerte sich bei einer Diskussion zum Thema «Ein Jahr nach Aparecida - Visionen der Kirche Lateinamerikas». Dabei ging es um die Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik in dem brasilianischen Wallfahrtsort 2007 und die Folgen des Treffens.

Der Geschäftsführer der Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Bernd Klaschka, nannte den teilhabenden Prozess, mit dem das Abschlussdokument von Aparecida vorbereitet und erarbeitet worden sei, beispielhaft auch für Deutschland. Klaschka forderte, in ähnlicher Weise Gemeinden in Prozesse der Umstrukturierungen einzubeziehen. Zudem mahnte er, wieder stärker die christliche Botschaft ins Zentrum der Überlegungen zu stellen und sich nicht nur von finanziellen Überlegungen leiten zu lassen.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Bischöflichen Hilfswerks Misereor, Josef Sayer, rief dazu auf, sich ein Beispiel an Aparecida zu nehmen. Dort seien die Hilfswerke als wirkliche Partner in die Arbeit einbezogen worden. Eine ähnliche Teilhabe wünsche er sich auch bei der Deutschen Bischofskonferenz.

Mit Blick auf den Erfolg von Sekten in Lateinamerika forderte Sayer die Kirche zu einem Umdenken auf. Sie sei nicht nah und schnell genug bei den Menschen in den sich immer weiter ausdehnenden Armenvierteln.

Wegen der langen Ausbildungszeiten von Priestern von sechs bis acht Jahren komme die Kirche dem Wachstum kaum nach. Vielleicht müsse man von den Sekten lernen, welche Art von Priestern nötig seien, um Nähe zur Gemeinde zu schaffen.