Bundespräsident Köhler: Leistungen Chinas nicht gering schätzen

"Essen ist ein Menschenrecht"

Bundespräsident Horst Köhler hat in Osnabrück zu mehr Engagement für die Demokratie aufgerufen. Demokratie sei "keine Selbstverständlichkeit". Er dankte den Kirchen, die dazu beigetragen hätten, dass die Voraussetzungen der Demokratie in Deutschland durch Wertebewusstsein und Bereitschaft zu Verantwortung stark seien. Köhler hatte auf dem Katholikentag mit ausländischen Gästen über die "Zukunft der Demokratie" diskutiert.

 (DR)

In der Diskussion hat der Bundespräsident China gegen überzogene Kritik an der Menschenrechtssituation dort verteidigt. China habe Millionen Menschen aus bitterster Armut geführt, sagte Köhler am Samstag auf dem Katholikentag in Osnabrück: "Essen ist ein Menschenrecht, das sollten wir nicht gering schätzen", so der Bundespräsident. Er wolle "nichts beschönigen", aber er habe durchaus Fortschritte bei den Menschenrechten festgestellt.

"Wir unterschätzen die Schwierigkeiten ein solches Land zu führen", sagte Köhler auf einem Podium in der Stadthalle über die Zukunft der Demokratie. Als Beispiel nannte er, dass die Volksrepublik jährlich 25 Millionen Arbeitsplätze neu schaffen müsse, damit der Arbeitsmarkt nicht zusammenbreche. Zugleich müsse das Land dem Umweltschutz Rechnung tragen.

Wegen demokratischer Defizite, die aus westlicher Sicht bestünden, dürfe «niemand verteufelt werden». Statt Unmögliches zu verlangen, sei es der bessere Weg, die Zusammenarbeit und den Dialog auch über Menschenrechte zu entwickeln. Der Westen solle immer wieder ansprechen, was nach westlichem Demokratieverständnis "abzuarbeiten", forderte Köhler.

Zugleich kritisierte er eine "unglaubliche Arroganz der Europäer" gegenüber Afrika. Diese sollten nicht mit dem Anspruch auftreten, "wir wissen alles besser", mahnte der Bundespräsident. Vielmehr sei mehr Respekt für Partner in der Entwicklungszusammenarbeit nötig und die Bereitschaft Reichtum zu teilen, der aus den Rohstoffen dieser Länder erwachse.

Auf die Rohstoffe des afrikanischen Kontinents sei man angewiesen. Es gehe darum, die Frage der sozialen Gerechtigkeit auch im internationalen Maßstab zu diskutieren. Keinesfalls dürfe das Bemühen der ärmsten Länder, aus der Armut herauszukommen, diskriminiert werden.

Zuvor hatte Köhler erneut eine striktere Reglementierung der internationalen Finanzmärkte gefordert. "Wir brauchen strengere Regeln, und ihre Anwendung muss von Moral, Tugend und Verantwortlichkeit getragen sein", sagte er unter großem Beifall.

Köhler hatte die Finanzbranche vor kurzem als "Monster" gebrandmarkt. Damit habe er niemanden beleidigen wollen, sondern "höchste politische Aufmerksamkeit" auf das Thema lenken wollen, so Köhler. Es stehe zuviel auf dem Spiel, wenn die Märkte außer Kontrolle gerieten, weil viele Menschen die Kosten zu tragen hätten.