Ökumenischer Preis für kanadischen Film "Adoration"

Cannes: Kirche und Glamour

Die ökumenische Jury auf dem Filmfestival in Cannes hat am Samstagabend den Film "Adoration" von Atom Egoyan ausgezeichnet.
In der kanadischen Produktion geht es um einen Waisenjungen, der sich eines Tages vor Mitschülern als Sohn eines palästinensischen Terroristen und einer amerikanischen Musikerin ausgibt. Der Jugendliche schildert den Vater als Idealisten, der gewillt war, die eigene Frau samt ungeborenen Sohn zu opfern.

 (DR)

Die Jury lobte die ungewöhnlichen Blickwinkel auf Kultur und Religion. «Indem der Filmregisseur traditionelle und aktuelle Symbole und Objekte aufgreift, lädt er uns dazu ein, bestehende Klischees über den Anderen, über das unserer eigenen Kultur und Religion Fremde, neu zu bewerten», so die Juroren. Im Film verbreitet der junge Mann seine Story auch im Internet und löst heftige Reaktionen aus.

Die Ökumenische Jury in Cannes wird von der Internationalen evangelisch-kirchlichen Filmorganisation Interfilm und der katholischen Weltorganisation für Kommunikation (Signis) getragen. Im vergangenen Jahr wurde in Cannes «Auf der anderen Seite» von Fatih Akin ausgezeichnet.

Goldene Palme
Der Hauptpreis, die goldene Palme hat in Cannes der französische Film «Entre les murs» (In den Mauern) gewonnen. Regisseur Laurent Cantet zeigt darin im Stil eines Dokudramas den Alltag an einer französischen Schule mit hohem Migrantenanteil. Ein Ensemble aus Laiendarstellern vermittelt dem Zuschauer bewegende Einblicke in das schwierige Lehrer-Schüler-Verhältnis. Der Film basiert auf dem gleichnamigen, autobiografischen Buch von Francois Bégaudeau, der im Film selbst den Lehrer spielt, der die Gratwanderung zwischen Engagement und Überforderung bewältigen muss.

Der Preis für den besten männlichen Darsteller ging an Benicio del Toro für seine Verkörperung von Ernesto «Che» Guevara in Steven Soderberghs viereinhalbstündigem Epos über Aufstieg und Niedergang des argentininischen Guerilla-Idols. Als beste weibliche Darstellerin wurde die Brasilianerin Sandra Corveloni für ihre Rolle in Walter Salles' Film «Linha de passe» ausgezeichnet. Den Preis für das beste Drehbuch überreichte der Gewinner des Vorjahres, der deutsche Regisseur Fatih Akin, an die belgischen Brüder Luc und Jean-Pierre Dardenne für ihr Migrationsdrama «Lornas Schweigen».

Gleich zwei Preise gingen in diesem Jahr nach Italien: Mit dem Grand Prix zeichnete die Jury den Film «Gomorrah» von Matteo Garrone aus, der episodenhaft die Herrschaft der neapolitanische Mafia über einen ganzen Landstrich beschreibt. Ähnlich politisch brisant war auch der Film «Il Divo», der den Spezialpreis der Jury erhielt. Regisseur Paolo Sorrentino entlarvt darin den italienischen Nachkriegspolitiker Giulio Andreotti als machtbesessenen und bigotten Mann.

Der zunächst als Favorit für die Goldene Palme gehandelte türkische Regisseur Nuri Bilge Ceylan konnte für seinen Beitrag «Three monkeys» lediglich den Regiepreis entgegennehmen. Die «Camera d'Or», die Auszeichnung für das beste Regiedebüt, ging an den Briten Steve McQueen, der in seinem Film «Hunger» die Auseinandersetzungen zwischen IRA-Häftlingen und ihren Bewachern im Großbritannien der 80er Jahre zeigt. Mit den Sonderpreisen des Festivals wurden Catherine Deneuve und Clint Eastwood geehrt. Wim Wenders, der im Wettbewerb mit seinem Film «Palermo Shooting» vertreten war, ging leer aus.