Medienexperten warnen vor Gefahren für Jugendliche im Internet

Zwei Mausklicks bis zum Unrat

Es geht schneller, als man denkt: Ein Klick im relativ harmlosen Jugend-Portal "schuelerVZ", und schon sind Kinder und Jugendliche auf "MySpace". Von dort führt ein direkter Weg zum Satanisten-Portal "SatanSpace", das wiederum mit der Porno-Seite "layoutR" verlinkt ist. "Durch zwei bis drei Mausklicks sind Jugendliche plötzlich da, wo sie eigentlich gar nicht hin wollen", sagt der Göttinger Medienforscher Professor Helmut Volpers.

Autor/in:
Michael Grau
 (DR)

Der Weg zu jugendgefährdenden Inhalten dauert oft nur ein paar Sekunden. Und es sind nicht wenige, die ihn aus Neugier gehen: Jeder vierte Jugendliche hat bereits Gewalt-Szenen betrachtet, berichtete die Stuttgarter Professorin Petra Grimm. Dabei handele es sich um Bilder aus Horrorfilmen und Musikvideos, aber auch um sogenannte Prügel-Videos mit realen Opfern. 70 Prozent derjenigen, die sich diese Bilder ansehen, haben von Freunden davon erfahren: «Es gibt also eine Szene.»

Die Eltern ahnen oft nicht, was sich im Kinderzimmer abspielt. «Drei Viertel aller Eltern wissen nicht, welche Inhalte Kinder abrufen», erläuterte der Direktor der Landesmedienanstalt, Reinhold Albert. Sie ließen die Jugendlichen weitgehend gewähren. Nach seiner Erfahrung leben Eltern und Kinder bei der Nutzung des Internet in unterschiedlichen Welten. Während Erwachsene Preise vergleichen, Bankgeschäfte erledigen, Waren bestellen und Reisen buchen, geht es Kindern und Jugendlichen vor allem darum, miteinander zu kommunizieren und sich selbst darzustellen.

Jugendliche wollen im Internet zunehmend selbst etwas gestalten, unterstreicht auch Volpers. Damit ändere sich das Ziel des Jugendschutzes: «Sie müssen nicht nur davor geschützt werden, jugendgefährdende Inhalte zu betrachten, sondern davor, selbst welche zu produzieren.» Volpers zeigte an Beispielen, wie sich junge Leute durch Musik-Clips aus dem Internet mit «Porno-Rap» oder dem Kriminalität verherrlichenden «Gangsta-Rap» veranlassen ließen, Nachahmer-Videos zu drehen. Auch Nazi-Propaganda finde sich nur ein paar Klicks entfernt im weltweiten Netz.

Längst gibt es laut Volpers virtuelle Gesprächsgruppen, in denen Jugendliche ihre Selbstmord-Gedanken austauschen und sie vereinzelt in der Realität auch umsetzen. Schon bei «schuelerVZ» präsentierten sich Mädchen auf Fotos in aufreizenden Posen, um ihren «Marktwert» zu testen. «Das ruft auch Pädophile auf den Plan.» Sie machten sich per Internet an Jungen und Mädchen heran, belästigten sie sexuell oder versuchten Vertrauen aufzubauen, um sich mit ihnen zu treffen. Zwar fielen die meisten Jugendliche darauf nicht herein. Einzelne sähen dies aber als «Kick» an.

Was tun? Neben der Strafverfolgung sei vor allem eine gute Präventionsarbeit mit den Jugendlichen nötig, sagte Volpers.
Medienpädagogik und Medienethik müssten in die Lehrpläne der Schulen eingebaut werden. Die niedersächsische Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) plädierte bei der Tagung auch für eine Fortbildung der Eltern: «Sie müssen wissen, was im Internet passiert.»