KMK-Bildungsbericht löst neue Debatte zum Schulsystem aus

"Bildungssackgasse" Hauptschule

Vier von zehn Jugendlichen mit Hauptschulabschluss oder gar keinem Abschluss haben zweieinhalb Jahre nach Verlassen der Schule noch keinen Ausbildungsplatz. Die alarmierenden Ergebnisse des KMK-Bildungsberichts 2008 haben die Debatte über das dreigliedrige Schulsystem neu aufleben lassen. Und wieder steht die Hauptschule in der Kritik.

Autor/in:
Ariane Breyer
 (DR)

Grüne und Linkspartei schlugen am Donnerstag vor, die Hauptschulen ganz abzuschaffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies auf die überragende Bedeutung der Bildung als Basis für den Wohlstand der Gesellschaft. Das Bildungssystem müsse "jedem die Chance auf Einstieg und Aufstieg ermöglichen", betonte Merkel.

Wie das "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf den Bericht der Kultusministerkonferenz (KMK) berichtete, haben vier von zehn Jugendlichen mit Hauptschulabschluss oder gar keinem Abschluss auch zweieinhalb Jahre nach Verlassen der Schule noch keinen Ausbildungsplatz. Sie haben "aufgegeben oder vertrödeln ihre Zeit in den Warteschleifen der Arbeitsämter", zitiert die Zeitung aus dem Bericht.

Die Autoren kritisieren, dass in der Berufsausbildung schwache Jugendliche zunehmend nicht mehr integriert würden. Dies betreffe auch Migrantenkinder und sei insbesondere deshalb bedenklich, da deren Anteil in Schulklassen jährlich steige. Ein "ernsthaftes Problem" stelle zudem der ungedeckte Bedarf an Erziehern und Lehrern dar.

"Wir brauchen mehr individuelle Förderung"
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, der Bildungsbericht zeige, "dass Deutschland nach wie vor eines der ungerechtesten Bildungssysteme unter den entwickelten Industrieländern hat". Die Hauptschulen seien "Bildungssackgassen", die die Chancen auf dem Arbeitsmarkt "dramatisch reduzieren" und daher abgeschafft werden müssten. "Wir brauchen längeres gemeinsames Lernen und mehr individuelle Förderung", betonte Roth.

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Priska Hinz, kritisierte, das duale System sei "nicht mehr in der Lage, Jugendliche mit geringem Bildungsniveau zu integrieren". Daher müsse der mittlere Abschluss zum Regelabschluss und die Zahl der Schulabbrecher "drastisch" reduziert werden.

"Wir können uns keine verlorene Generation leisten"
Die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Nele Hirsch, sagte, die Hauptschule sei "für den überwiegenden Teil der Jugendlichen eine Sackgasse, die ihnen die Zukunft verbaut." Der Vorschlag von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD), das Recht auf einen Hauptschulabschluss gesetzlich zu verankern, reiche längst nicht aus.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte eine individuelle Förderung insbesondere für "Risikokinder". "Wir können und wollen uns keine "verlorene Generation" leisten", mahnte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne. Der mittlere Schulabschluss nach Klasse zehn müsse der Standard für alle Schüler werden. Thöne forderte, die staatlichen Bildungsausgaben auf mindestens sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. 2006 waren es laut "Handelsblatt" nur 6,2 Prozent, Mitte der 90er lag die Quote noch bei 6,9 Prozent. Damit seien die Ausgaben für Bildung deutlich langsamer gewachsen als die Wirtschaftskraft.