Jugendbischof Franz-Josef Bode zum Weltjugendtag in Sydney

"Ich wünsche mir eine neue Begeisterung"

Am 15. Juli beginnt der Weltjugendtag im australischen Sydney. Über seine Erwartungen an das Großereignis spricht Jugendbischof Franz-Josef Bode im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Osnabrück.

 (DR)

KNA: Herr Bischof Bode, der Weltjugendtag in Köln war für manche ein rauschendes Fest des Glaubens. Was erwarten Sie von Sydney?

Bode: Der Weltjugendtag dort wird sicher wieder ein großes Glaubensfest sein, aber auch einen anderen Charakter haben, schon weil er in einem anderen Erdteil stattfindet. Das wird sich auch an den Teilnehmerzahlen zeigen. Aus Deutschland kommen 6.000 Jugendliche, 200 davon aus dem Bistum Osnabrück. Die Kosten sind höher, die Vorbereitung aus der Ferne ist schwieriger. Aber es geht ja auch nicht darum, Köln zu toppen, sondern Kirche in einem ganz anderen Teil der Welt in den Blick zu nehmen.

KNA: Wie ist der Stand der Vorbereitungen in Deutschland?

Bode: Wir haben aus früheren Weltjugendtagen eine Menge gelernt. So gibt es statt eines Heftes einen geistlichen Leitfaden im Internet, der auch gut abgerufen wird. Es gibt ein Faltblatt mit einem gemeinsamen Gebet als Erinnerung an Köln und Vorschau auf Sydney.
Alle deutschen Teilnehmer bekommen einen Pilgerhut als Erkennungszeichen, was ich sehr schön finde. Außerdem gibt es in vielen Diözesen die Möglichkeit, durch Public Viewing am Weltjugendtag teilzunehmen. Wir müssen nicht nur auf die schauen, die hinfahren, sondern auch auf die, die hier bleiben, dass sie daran Anteil nehmen können.

KNA: Internet, Public Viewing: Die kirchliche Jugendarbeit stellt sich medial offenbar auf die Moderne ein. Die Sinus-Jugendstudie besagt aber, dass Kirche in viele Jugend-Milieus gar nicht hineinstrahlt.

Bode: Ich bin nicht ganz so pessimistisch, wie es die Umfragen nahelegen. Auf dem Katholikentag etwa war eine große Bandbreite von Jugendlichen vertreten. Unser Glaube hat immer auch eine milieuentgrenzende Funktion. Natürlich müssen wir aufpassen, dass wir nicht nur einen Ausschnitt im Blick haben. Das ist für mich die Herausforderung, die in diesen Umfragen steckt. Wir müssen auch an die jungen Menschen denken, die die Caritas und die Jugendsozialhilfe erreichen. Die werden von der Politik oft gar nicht mehr richtig wahrgenommen. Je näher wir an den Grundfragen aller jungen Leute sind "Wie gelingen mein Leben, meine Beziehungen, die Zukunft, was hat das alles für einen Sinn?", desto entgrenzender ist der Glaube für die verschiedenen Milieus.

KNA: Die Veranstalter des Weltjugendtags in Sydney haben ihre Erwartungen an Teilnehmerzahlen nach unten korrigiert. Woran liegt das?

Bode: Die Flugpreise sind sehr viel teurer geworden. Es wurde stark kritisiert, dass die Fluggesellschaften offensichtlich diesen Markt erkannt haben. Außerdem gibt es große Schwierigkeiten, Visa zu bekommen für bestimmte Länder, so dass es sein kann, dass nicht alle, die wollen, kommen können. Es sind doch manche Hindernisse auf dem Weg. Unter diesen Bedingungen können die Veranstalter schon zufrieden sein, wenn es 200.000 Teilnehmer werden.

KNA: Wer zwischen Messe und Bibelarbeit seine Kräfte erproben will, kann das beim Bridge Climbing an der Harbour Bridge tun. Was halten Sie von diesem Angebot?

Bode: Wir haben beim Weltjugendtag in Köln auch sportliche Angebote gehabt. Dass es da eine gewisse Palette geben muss, halte ich für richtig, aber man sollte es auch nicht übertreiben. Ich kann schwer beurteilen, wie es dem Einzelnen beim Bridge Climbing geht; ich werde es nicht versuchen. (lacht)

KNA: Passen solche "Kicks" vielleicht sogar zum Weltjugendtag?

Bode: Das Leitwort in Sydney ist: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein." Von uns aus gesehen auf die andere Seite der Erde zu fahren, bedeutet im übertragenen Sinn auch, bis an die Grenzen zu gehen, wohin Menschen geraten können, und selbst Grenzerfahrungen zu machen. Vielleicht trägt der sportliche Einsatz dazu bei. Wenn man einen so weiten Weg auf sich nimmt, hat das auch damit zu tun, Hürden zu überspringen. Ich denke, das wird diesen Weltjugendtag ein Stück prägen.

KNA: Ihr erster Weltjugendtag als Jugendbischof war 1997 in Paris.
Welche Bilanz ziehen Sie für diese vier Großereignisse?

Bode: Das waren für die Jugendarbeit in Deutschland sehr wichtige Meilensteine. In Paris haben wir zum ersten Mal gemerkt, wie sich unterschiedliche Kräfte der Jugendarbeit sammeln. Rom 2000 hatte durch das Heilige Jahr einen ganz eigenen Charakter. Toronto 2003 war ein großer Sprung in eine andere Welt hinein. Dann Köln 2005 im eigenen Land. Für Sydney stellt sich jetzt die Frage: Wie bewährt sich etwas, was wir bei uns erlebt haben, in einer uns fremden Umgebung? Es geht nicht darum, von Event zu Event zu springen, sondern Weltjugendtage sind eine innere Bereicherung des Alltags.

KNA: Was erwarten Sie von Australien?

Bode: Ich bin sehr gespannt, denn ich reise zum ersten Mal dorthin.
Da gibt es gewaltige Städte und gleichzeitig eine außerordentlich bunte und schöne Natur. Ich werde einige Tage in Cairns an der nordöstlichen Küste anhängen. Es ist gut, dass es so ein ganzheitliches Erlebnis wird. Das ist sicher eine Eigenart dieses Weltjugendtags.

KNA: Und die australische Kirche?

Bode: Die Katholiken sind ja dort eine kleine Minderheit. Ich bin gespannt, wie sich Christsein und Katholizismus in den riesigen Städten leben lässt und wie gleichzeitig mit den Weiten des Landes umgegangen wird. Das ist für uns Christen hierzulande interessant, weil auch wir Distanzen überwinden müssen. Die Katholiken in Deutschland leben ja deutlich stärker 'zerstreut' und in der Diaspora als früher, so dass es auf jeden einzelnen Überzeugten ankommt. Deshalb ist dieses Leitwort "Ihr werdet meine Zeugen sein" von sehr großer Bedeutung für uns alle.

KNA: Welches Signal wünschen Sie sich von Sydney?

Bode: Ich wünsche mir von diesem Weltjugendtag die Botschaft der Weltweite unseres Glaubens, dass wir nicht allein sind vor Ort und in kleinen Gruppen, sondern unser Glaube wirklich bis an die Grenzen geht. Und: dass der Geist Gottes uns ermutigt, da nämlich nicht alles nur aus unserem Wollen und Schaffen kommt. Damit kämen wir wahrscheinlich nicht weit. Ich wünsche mir, dass von Sydney eine neue Be-geisterung ausgeht im Vollsinn des Wortes.