Aborigene und katholisch

Seltene Kombination

Vom Auftreten von Papst Johannes Paul II. in Australien war sie beeindruckt. Jenny Dunns Mutter ist Aborigene und sie ist katholisch. Das ist in Australien sehr ungewöhnlich, denn die Aborigenes stehen der Kirche sehr zurückhaltend gegenüber - schliesslich waren es auch Christen und Missionare, in deren Namen sie verfolgt, unterdrückt und ermordet wurden. Als Papst Johannes Paul II. bei seinem Australienbesuch die Kultur der Aborigenes lobte, ihre Religion als etwas besonderes ansprach, da freute sich Jenny Dunn.

Jenny Dunns (DR)
Jenny Dunns / ( DR )

Jenny Dunn heißt die resolute Person, ihre Mutter ist Aborigines, ihr Vater Ire. Wenn es darum geht zu erzählen, was den Ureinwohnern Australiens angetan worden ist, gerät Jenny Dunn schnell in Rage. Mit dem Eroberer James Cook habe das schon angefangen. Der habe an die Ureinwohner Australiens Decken verteilt, die mit Pocken infiziert waren, und noch bevor die erste Kugel auf einen ihrer Vorfahren abgefeuert worden sei, seien 80 Prozent der Aborigenes bereits tot gewesen. „Wenn das kein Genozid ist?", fragt Jenny Dunn rhetorisch. Man müsse sich das einmal bewusst machen: Die Gewalt und Verfolgung der Ureinwohner Australien sei nicht ewig lange her: „Wir reden hier nicht von längst vergangen Zeiten. Meine Großmutter zum Beispiel hat mir erzählt, wie auf sie beim Baden geschossen wurde". Soldaten seien in die Häuser der Nachbarn eingedrungen und hätten die Frauen vergewaltigt, die Babys seien nur zum Spaß bei Reiterspielen getötet worden.

Möglich gemacht habe das auch ein Gesetz in Australien, das die Aborigenes nicht als menschliche Wesen eingestuft habe. Und dieses Gesetz sei bis 1967 in Kraft gewesen! Ihre Großmutter musste so immer erst eine Sondererlaubnis beantragen, um die Stadt überhaupt betreten zu dürfen.

Die Ureinwohner Australiens haben keine Lobby, denke ich, es interessierte sich niemand für sie, kein Hahn krähte danach, wie und warum sie ermordet und diskriminiert wurden. Jenny Dunn hat dafür einen klaren und sehr aktuellen Beweis. Jeder Australier, erzählt sie, kennt mindesten zwei, drei Indianerstämme, Apachen, Irokesen usw.: „Aber fragen sie einmal einen Australier, ob er einen Aborigenes Volkstamm nennen kann? Über die USA Geschichte wissen die meisten hier viel besser bescheid als über Australien" Dabei gibt es hunderte verschiedener Aborigenes Stämme im Land. Und bis heute, so stellt Jenny Dunn fest, sind die Aborigenes Bürger zweiter Klasse. „Die Arbeitslosigkeit ist ungleich höher, als bei anderen Bewohnern Australiens, und: „Wir haben eine Lebenserwartung, die 25 Jahre unter dem Durchschnitt der Bevölkerung liegt."  

Captain Cook, die Eroberer Australiens und natürlich auch die Missionare, die ins Land kamen, marodierten, die Kultur der Ureinwohner vernichten wollten, waren Christen, und  trotzdem hat sich Jenny Dunn für den katholischen Glauben entschieden. Warum? Zunächst meint sie, dass es nicht viele Aborigenes geben würde, die zur Kirche gehen. Der christliche Glaube sei ihnen aufgezwungen worden, während den Ureinwohnern die eigene Religion und sogar die eigene Sprache unter Strafe verboten worden sei. „Deshalb lehnen viele die christliche Religion ab." Sie selbst sieht das anders. Die Eroberer wären doch nicht der Botschaft von Jesus gefolgt, sondern seien nur habgierig ihren eigenen Interessen nachgegangen. Nicht Gott oder Jesus sei hier böse gewesen, sondern die Menschen hätten das Unheil angerichtet: „Gott hat ihnen einen freien Willen gegeben, eben auch das Böse zu tun." Sie selbst habe in der Bibel viele Parallelen zu ihrem Glauben entdeckt, den behutsamen Umgang mit der Natur, der Schöpfung Gottes zum Beispiel. Sehr beeindruckt sei sie vom Besuch von Johannes Paul II. in Australien gewesen. Der habe sich sehr respektvoll den Aborigenes gegenüber verhalten und habe ihre Tradition und Spiritualität gelobt. Abschließend will ich wissen, woher Jenny Dunn diesen Mumm nimmt, diesen Mut, diese Energie, wieder und wieder für die Gleichberechtigung der Ureinwohner Australiens zu kämpfen: „Das habe ich von meiner Großmutter," sagt sie lächelnd: „Das war eine stolze Frau mit viel Hoffnung im Herzen. Sie hat immer gesagt, dass eines Tages alles gut sein wird." Wir verabschieden uns mit dem Gruß der Ureinwohner, dabei gibt man sich nicht einfach die Hand, sondern macht eine halb offene Faust und verhakt die Finger wie eine Kette fest ineinander.