US-Experten haben gedämpfte Erwartungen an Obamas Besuch in Berlin

"Er wird nicht der Messias sein"

Barack Obama gilt nicht nur in den USA als Hoffnungsträger. Auch in Deutschland sehen viele in seiner Personen einen "Mann des Wandels" - und hoffen auf eine grundlegende Änderung in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Doch dämpfen Experten die hoch gesteckten Erwartungen an den demokratischen Präsidentschaftskandidaten. "Er wird nicht der Messias sein", sagt der Amerika-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Autor/in:
André Spangenberg
 (DR)

Obamas Auftritt in Berlin hat nach Einschätzung von Braml sicherlich Symbolwert, allerdings sei der Deutschland-Besuch letztlich vor allem der Kritik seiner Gegner geschuldet, die ihm mangelnde außenpolitische Erfahrung vorwerfen. Nun wolle Obama - im Wahlkampf - zu Hause zeigen, dass er auch bei einem der größten Widersacher gegen die Kriegs-Politik von US-Präsident George W. Bush punkten könne.

Doch täuschten sich alle, die gemäßigtere Anforderungen von Obama an die europäischen Partner erwarten als vom konservativen Rivalen John McCain, setzt der US-Experte hinzu. «Sowohl Obama als auch McCain werden versuchen, einen Teil der Milliardenkosten des internationalen Engagements auf die Alliierten abzuwälzen.» Da werde auch Deutschland gefragt sein: «Aus der 'Koalition der Willigen' wird so eine 'Koalition der Zahlungswilligen'», sagt Braml voraus.

Das wird insbesondere für den Irak zutreffen, wo Braml mit verstärkten deutschen Investitionen - auch von offizieller Seite - rechnet. «Der Deal hier wird sein: keine Soldaten, aber mehr Geld.» Das könnte letztlich aber auch in deutschem Interesse liegen, ist der Irak doch nach wie vor einer der größten Energielieferanten der Welt. Als erstes Zeichen dafür wird der jüngste Besuch von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gewertet.

Anders sieht die Lage Braml zufolge in Bezug auf Afghanistan und den Einsatz deutscher Soldaten aus. «Hier wird der Druck stärker werden, sich noch mehr militärisch zu engagieren», ist er überzeugt. Dabei könnte es unter Umständen dazu kommen, dass Obama als künftiger US-Präsident noch mehr von Deutschland einfordern werde als McCain, da er innenpolitisch stärker das Wahlklientel der Demokraten im Auge haben müsse, die auf verstärkte Staatsausgaben in den USA selbst drängten. Von US-Militärs wird mittlerweile nicht einmal mehr ein Wunsch nach Verdoppelung auf 9000 Mann für ausgeschlossen erklärt.

Selbst den Glauben, dass mit Obama eine stärkere Betonung des Multilateralismus Einzug halten werde in die US-amerikanische Administration, vermag Braml nicht nachzuvollziehen. «Die Amerikaner sehen den Multilateralismus anders. Sie haben hier ein mehr 'instrumentelles' Verständnis, also die Frage, inwieweit dienen internationale Organisationen amerikanischen Interessen - sei es die UNO oder sei es die NATO.» Da gebe es nur Nuancen zwischen Obama und McCain.

Noch deutlicher wird der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt (SPD). Ob Obama oder McCain - kein US-Präsident werde die einseitige Anwendung militärischer Gewalt ausschließen, wenn es um die Durchsetzung zentraler amerikanischer Sicherheitsinteressen geht. «Es gibt keine Kontroverse zwischen beiden, wenn es darum geht, sich als Führungsmacht in der Welt zu begreifen, die sich darin ausdrückt, sich militärisch auch ohne das Votum des UN-Sicherheitsrates zu engagieren.»