Erzbischof Zollitsch zu wichtigen Fragen der Sozialpolitik

Kirche mischt sich ein

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch spricht sich in einem Gastbeitrag in der Tageszeitung "Die Welt" gegen einen gesetzlichen Mindestlohn aus. Außerdem mahnt er die Verantwortlichen, sich nicht auf den Erfolgen der Arbeitsmarktpolitik auszuruhen und warnt, Familien dürften von der Poltik nicht als "Humankapital" betrachtet werden.

 (DR)

"Es ist zu befürchten, dass ein Mindestlohn bestehende Arbeitsverhältnisse verdrängt und damit zu negativen Beschäftigungseffekten führt". Zudem spreche «das hohe Gut der Tarifautonomie» eher gegen einen Mindestlohn. Vor allem erscheine er als Instrument der Armutsbekämpfung fraglich. Zollitsch plädiert dafür, «das Augenmerk auf ein Mindesteinkommen statt auf einen Mindestlohn zu richten». Beschäftigungsverhältnisse mit einer geringen Entlohnung sollten durch die Kombination mit staatlichen Leistungen auf ein existenzsicherndes Niveau gehoben werden. Mit Blick auf Familien werde es zusätzlicher Unterstützungen bedürfen.

Der Freiburger Erzbischof verlangte zudem mehr Anstrengungen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Zwar sei in den vergangenen Jahren die Zahl der Arbeitslosen deutlich zurückgegangen. Dennoch dürfe sich niemand auf den arbeitsmarktpolitischen Erfolgen ausruhen.

Familienpolitik nicht instrumentalisieren
Weiter warnte der Bischofskonferenz-Vorsitzende vor der Gefahr einer Instrumentalisierung der Familienpolitik. Viele Maßnahmen zielten auf eine bessere Vereinbarkeit von Familien und Beruf ab. Eine Politik aber, die primär an der «Marktfähigkeit» des Menschen und dem «Humankapital» der Familien interessiert sei, werde den eigentlichen familiären Belangen nicht gerecht.

Eltern seien unterschiedliche Möglichkeiten und Handlungsräume zu eröffnen, um in den verschiedenen Lebensphasen dem Wohl jedes einzelnen Familienmitglieds, vor allem der Kinder, entsprechend entscheiden zu können. Dazu gehöre auch das Festhalten am Ehegattensplitting, das die Ehe als Erwerbsgemeinschaft anerkenne.

In Würde sterben
Mit Blick auf die Debatte um aktive Sterbehilfe hat Erzbischof Robert Zollitsch vor «einem Dammbruch im Denken unserer Gesellschaft» gewarnt. «Die Ermöglichung aktiver Sterbehilfe würde langfristig ältere Menschen unter den Druck stellen, dem persönlichen Umfeld oder der Gesellschaft nicht weiter zur Last zu fallen», schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Wer die Menschenwürde auch in Alter und Krankheit bewahren wolle, «der sucht keinen einfachen Ausweg aus dem Leben, sondern nach der Möglichkeit einer würdevollen Gestaltung dieser Lebensphase», so Zollitsch. Deshalb seien Palliativmedizin und Hopize zu stärken.