Die Energiekosten und ihre sozialen Folgen

Hungern für die Heizung

Nebenkosten sind keine Nebensache mehr. Und weil die sozialen Folgen der steigenden Energiekosten immer stärker spürbar werden, haben sich in Aachen Mitarbeiter von Caritas-Beratungsdiensten mit Vertretern aus Politik und Energieunternehmen zu einem Fachgespräch getroffen.

Autor/in:
Claudia Dechamps
 (DR)

Haushalte mit niedrigem Einkommen leiden am meisten unter den ständig steigenden Energiepreisen. Mit klugen Empfehlungen sei jedoch keinem geholfen, wie Dörte Perschke von der Caritas Düren und Johann Leonbacher vom Katholischen Verein für soziale Dienste SKM in Stolberg aus ihrer Beratungsarbeit bestätigen können. "Eine Frau, der mit ihrem schwerbehinderten Sohn gerade mal 204 Euro monatlich zum Leben bleiben, kann kein Geld für einen energieeffizienten Kühlschrank zurücklegen", so Perschke.

Und Leonbacher sieht für die Bewohner schlecht gedämmter, billiger Sozialbauten keine echten Chancen, auf die Heizkosten nennenswerten Einfluss nehmen zu können. Gerade wenn es sich um Familien mit kleinen Kinder handele. Für diese Menschen seien die von Energieversorgern verhängten Stromsperrren eine unzumutbare Härte.  "Der Hartz-IV-Regelsatz muss dringend erhöht werden, weil die Stromkosten darin enthalten sind", sagte er.

Laut Helmfried Meinel von der Verbraucherzentrale NRW sind landesweit 200.000 Kunden von Stromsperrungen betroffen. Er plädiert für einen Stromspartarif mit freien 250 Kilowattstunden pro Person. Doch Peter Assmuth vom Vorstand der Aachener Stadtwerke Stawag weiß sein Unternehmen hier in Abhängigkeiten: "Wenn wir das umsetzen, nehmen wir jährlich 10 Millionen Euro weniger ein, und da unser Ergebnis in den Haushalt der Stadt fließt, wird die Stadtkämmerin protestieren." Außerdem seien nach Datenlage seines Unternehmens nicht unbedingt einkommensschwache Haushalte von den Stromsperren betroffen, sondern eher "Wiederholungstäter". Daher empfehle er hier einen "kooperativen Weg". In Notfällen werde sich meistens eine für alle akzeptable Lösung finden lassen.

Insgesamt allerdings stehe die Stawag zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und rechne in diesem Jahr mit einem deutlichen Gewinnrückgang, weil sie die steigenden Ölpreise nicht komplett weitergebe. Auch verstärke sein Unternehmen den Ausbau erneuerbarer Energien und bilde schon länger Energieberater aus. Hier könne er sich eine künftige Zusammenarbeit mit der Caritas durchaus vorstellen.

Beim Heinsberger Caritasverband sind schon Fakten geschaffen worden.
Spätestens ab Januar werden dort Langzeitarbeitslose zu Energieberatern umgeschult sein und in der Region ihren neuen Dienst tun. Vorbild für dieses Projekt ist die Caritas Frankfurt, die 2006 den "Cariteam Energie-Spar-Service" gegründet hat. Der wird inzwischen sogar vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt. Nach den Frankfurter Erfahrungen lassen sich mit Energieberatung jährlich pro Haushalt 127 Euro einsparen und die CO2-Emissionen um rund 250 Kilogramm verringern. Für Gerold König von der Aachener Initiative "Spar-Watt-Energie" bieten sich hier beeindruckende Einsparpotenziale. Er geht bistumsweit von 100.000 Haushalten aus, die auf Grundsicherung angewiesen sind und einer nicht unerheblichen Zahl, die mit ihrem Einkommen nur knapp darüber liegen.

Eine anderen Aspekt bringt an diesem Tag noch der energiepolitische Sprecher des Grünen im NRW-Landtag, Reiner Priggen, vor. Die Stromerzeuger müssten endlich für Emissionsrechte bezahlen. Mit den zu erwartenden 4 bis 5 Milliarden Euro lasse sich die Sanierung von 6,5 Millionen energietechnisch mangelhaften Wohnungen in einem landesweiten Kraftakt stemmen.