Erster stadtweiter Katholikentag in der Westfalenmetropole

Fruchtbare Impulse für die Menschen in Dortmund

Das sitzt: "In unserer Gemeinde musste voriges Jahr die Seniorengruppe das Krippenspiel aufführen. Da waren alle Figuren, auch das Jesuskind, über 65." Kabarettistin Ulrike Böhmer alias Erna Schabiewsky streut an diesem Samstag auf dem ersten Dortmunder Katholikentag nicht nur einmal Salz in die Wunde. Gegen den Mangel an Jugend in der Kirche hat sie auch gleich ein Rezepte parat, nämlich "Messdiener mit Puscheln wie die Cheerleader".

Autor/in:
Johannes Schönwälder
 (DR)

Das Publikum lacht und applaudiert. Einige aber schauen sich skeptisch um. «Hier sind doch fast nur junge Leute», sagt die 30-jährige Beate Kohrmeyer. Sie ist mit ihrem Mann und den beiden Kindern schon seit dem Vormittag auf dem Katholikentag. An den Ständen der kirchlichen Verbände und Gruppen haben sie sich umgesehen. Die Kinder wollten auf die Hüpfburg. «Ich selbst habe das Forum über Risiken und Nebenwirkungen der Pränataldiagnostik besucht», so die junge Mutter. Bis zum Freiluft-Gottesdienst am Abend wollen sie auf jeden Fall bleiben.

Mehrere Tausend Menschen haben sich zum ersten stadtweiten Katholikentag in der Westfalenmetropole zusammengefunden. Er steht unter dem Motto "... da berühren sich Himmel und Erde". Nach dem Vorbild der bundesweiten Treffen gibt es Podien zu politischen und religiösen Themen, Kultur- und Kinderaktionen, Meditationen und Gebete. Stadtdechant Andreas Coersmeier möchte, dass von dem Tag «viele fruchtbare Impulse ausgehen für die Menschen in Dortmund», wie er bei der zentralen Eröffnungsfeier auf dem Propsteihof sagt.
Der Tag soll auch die Einheit der Katholiken in der Stadt festigen.
Er soll das «Wir-Gefühl» stärken, nachdem durch eine Strukturreform im Erzbistum Paderborn die bisherigen vier Stadtdekanate in Dortmund zu einem Dekanat zusammengelegt wurden.

Gemeinschaft suchen auch die Teilnehmer des mittäglichen Taize-Gebets in der Propsteikirche. Nach dem Vorbild der Gemeinschaft in der französischen Kleinstadt singen auch hier vor allem jüngere Besucher die meditativen Lieder mit den schnell eingängigen Melodien. «Die sind besser als die sonst in der Kirche», sagt die 16-jährige Nadine. Sie ist mit ihrer Freundin aus dem Dortmunder Süden in die Innenstadt gekommen. Zusammen haben die Mädchen auch den bundesweiten Katholikentag in Osnabrück im Mai besucht. Dort hatten einige Tausend am Taize-Gebet in einem alten Busdepot teilgenommen. Hier sind es rund 100. «Aber das Gefühl ist fast genau so schön», versichert Nadine.

Bei den politischen und religiösen Foren ist das Publikum dagegen schon ein wenig älter. Dabei geht es um die Zukunft der Gesellschaft in Stadt und Kirche. Es geht um Strukturveränderungen in der Kirche.
Alternative Rentenmodelle werden diskutiert. Maßnahmen gegen eine zunehmende Kinderarmut und gegen die Arbeitslosigkeit werden erörtert. Dortmund geht es immer noch schlechter als anderen Städten in NRW. Der Strukturwandel ist längst noch nicht abgeschlossen. Der stellvertretende Generalvikar des Erzbistums Paderborn, Thomas Dornseifer, appelliert an die Katholiken, sich an der Lösung drängender Probleme zu beteiligen. Die Vielfalt kirchlicher Verbände und Gruppen könne dazu einen Beitrag leisten. Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) nennt den sozialen Beitrag der Kirchen in der Stadt «unverzichtbar». Die Stadtverwaltung allein könne die sozialen Nöte nicht lösen.

Auf den Plätzen rund um den Propsteihof herrscht dagegen Trubel. Die Gruppe «Saitensprung» rockt, koreanische, portugiesische, spanische und polnische Tanztruppen zeigen Traditionelles. Dazwischen gibt es Kinderlieder und Clownsnummern. Manch einen zieht es da in den «Raum der Stille», die Propsteikirche. So den 31-jährigen Vladimir samt Frau und sechsjähriger Tochter. «Beten gehört auch zu einem Katholikentag», sagt er. Das erste stadtweite Treffen in Dortmund hat die richtige Mischung.