Neues zur Rolle der Kirchen in den Medien

Der "Benedikt-Faktor"

Die katholische Kirche profitiert in den deutschen Medien nach wie vor vom "Benedikt-Faktor". Seit der Papst-Wahl im Jahr 2005 seien katholische Themen konstant präsenter in den Fernsehnachrichten als in den Vorjahren, geht aus einer am Montag in Berlin präsentierten Analyse von "Media tenor" hervor. In der Studie wurde die Präsenz christlicher Themen in Nachrichtenformaten der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender gemessen.

 (DR)

Unter den christlichen Führungsfiguren habe Papst Benedikt XVI. in der ersten Jahreshälfte 2008 die Berichterstattung dieser Formate bei weitem dominiert. Auf dem zweiten Platz folgte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, der es auf etwa ein Viertel der Nachrichtenpräsenz des deutschen Papstes brachte. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, landete in der Medienanalyse hinter dem Münchener Erzbischof Reinhard Marx auf Platz vier. Auf Platz fünf folgt ihm der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.

Insgesamt sei die Präsenz von kirchlichen und religiösen Themen in den TV-Nachrichten nach dem Höhepunkt im Papstwahljahr (rund zwei Prozent) auf ein relatives Normalmaß von unter einem Prozent zurückgegangen, sagte Christian Kolmer von «Media Tenor» auf einer kirchenmedialen Tagung anlässlich Internationalen Funkausstellung.

Es zeichnet sich aber ab, dass die Kirchen immer weniger Einfluss auf die Berichterstattung hat. Während die Nachrichtenformate der Fernsehsender noch bis 2007 in rund 40 Prozent solcher Meldungen kirchliche Sprecher zitierten, sei im ersten Halbjahr 2008 der Anteil der Beiträge, in denen katholische Vertreter selbst zu Wort kamen, um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Sie liegt jetzt unter 20 Prozent.

"Mit Samthandschuhen"
Die Kirche wird nach Auffassung des ZDF-Journalisten Peter Frey von deutschen Journalisten "mit Samthandschuhen angefasst". Als Beispiel nannte er die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland. Die Berichterstattung sei im Vergleich zu den USA wesentlich zurückhaltender, sagte der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios am Montag bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Zuvor hatte das Zürcher Medienforschungsinstitut Media Tenor bei dem von der Katholischen Fernseharbeit veranstalteten Kongress eine Studie vorgestellt, derzufolge die Kirchen in deutschen Fernsehnachrichten wenig berücksichtigt werden.

Insgesamt werde das, was im kirchlichen Milieu passiere, von Medien nicht mehr so stark wahrgenommen wie in der Vergangenheit, sagte Frey. Ein Grund dafür sei, dass es in immer weniger Redaktionen ausgewiesene Experten für das Thema Kirche gebe. Zudem seien viele kirchliche Aktivitäten von geringem öffentlichen Interesse: «Kirche dreht sich zu sehr um sich selbst und erreicht die Menschen außerhalb nicht.»

Kein Interesse
Der Chefredakteur des Nachrichtensenders N24, Peter Limbourg, verwies darauf, dass sich die Mehrheit seiner Zuschauer nicht für Kirche interessiere. Dies beeinflusse die Nachrichtenauswahl eines Privatsenders wie Sat.1 noch stärker als die eines Nachrichtenprogramms. Limbourg moderiert auch die «Sat.1 Nachrichten».

Christian Kolmer von Media Tenor führte aus, lediglich in vier von 1.000 Nachrichtenbeiträgen stehe die katholische oder evangelische Kirche im Mittelpunkt Bei Privatsendern komme die katholische Kirche in 0,07 Prozent der Beiträge vor, die evangelische Kirche sei so gut wie nicht nachweisbar. In den öffentlich-rechtlichen Nachrichten seien die Kirchen in 0,41 Prozent aller Beiträge ein Thema. Für die Studie wurden die Nachrichtensendungen «Tagesschau» (ARD), «heute» (ZDF), «RTL aktuell», «Sat.l News» (jetzt «Sat.1 Nachrichten») und «ProSieben Newstime» von Januar 2001 bis Juli 2008 untersucht.

Auch das Thema Religion werde insgesamt wenig beleuchtet, sagte Kolmer. Während etwa das Thema Kriminalität 2,7 Prozent der Sendezeit der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen einnehme, blieben für religiöse Themen nur 1,17 Prozent. Bei den Privatsendern liege der Anteil sogar bei nur 0,93 Prozent. Der Studie zufolge wird insgesamt positiv über die Kirchen berichtet. Die katholische Kirche steht demnach bei der Berichterstattung klar im Vordergrund.