Rainer Schmidt hofft auf Gold im Tischtennis bei den Paralympics

Schlagfertiger Seelsorger

Rainer Schmidt hat alles erreicht, was sich ein Spitzensportler wünschen kann: acht EM-, sieben WM- und vier Goldmedaillen bei den Paralympics. Seit 25 Jahren ist der Bonner Tischtennisspieler aktiv - und noch immer hat für den evangelischen Pastor der Sport einen "hohen Spaßfaktor". Schmidt ist einer von 170 deutschen Athletinnen und Athleten, die ab Samstag bis zum 17. September in Peking um Medaillen kämpfen werden. Bei seiner siebten Paralympics-Teilnahme peilt der schlagkräftige Seelsorger, dem beide Unterarme und der rechte Unterschenkel fehlen, noch einmal Gold an.

Autor/in:
Angelika Prauß
 (DR)

Der 43-Jährige weiß, dass auch die Konkurrenz nicht schläft. «Das wird sich vermutlich an der Tagesform und an der Nervenstärke entscheiden», sagt der Routinier. Seinen guten Draht nach oben zu nutzen, fällt dem Kirchenmann nicht ein. «Ich bin nicht der Typ, der vor dem Wettkampf betet 'Lass mich bitte gewinnen'», sagt Schmidt, «das wäre unfair: Wenn mein Gegner das genauso macht, dann hat Gott ein echtes Problem.» Deshalb feilt der Sportler vor dem großen Wettkampf lieber an seiner sauberen Technik und an seiner von Gegnern gefürchteten Topspin-Rückhand. Ein spezieller Schläger, der an dem etwas längeren, linken Armstumpf befestigt wird, und eine Beinprothese gleichen sein Handicap beim Sport aus.

Mit einer Medaille möchte der Rheinländer seine sportliche Laufbahn beenden. «Peking ist mein letztes Turnier», versichert Schmidt. Umso mehr freut er sich, dass er seinen Abschied vom Spitzensport im tischtennisbegeisterten China nehmen kann.

Der engagierte Sportler, der auch Aktivensprecher des Deutschen Behindertensportverbandes ist, sieht die Paralympics in China als große Chance. Denn als Schmidt 2007 das Riesenreich besuchte, musste er feststellen, dass die Menschen dort den Umgang mit behinderten Menschen «nicht wirklich gewohnt» seien. Deshalb glaubt der Tischtennisspieler, dass die Paralympics in China zu mehr Akzeptanz behinderter Menschen beitragen werden. «Es wird sich einiges in Bewegung setzen, wenn die Menschen jedweder Hautfarbe, mit unterschiedlichsten Einschränkungen und Talenten da rumhüpfen, rumkrabbeln, rumlaufen und beobachtet werden und man sie auch legitimiert anschauen darf», ist Schmidt überzeugt. Eine veränderte Haltung gegenüber behinderten Menschen sei eine «ganz wichtige Funktion der Paralympics».

Seinen Abschied vom Spitzensport nimmt der Theologe mit «gemischten Gefühlen», schließlich sei Tischtennis ein «ganz wichtiger Teil» seines Lebens. Nun sei aber «etwas anderes dran», langweilig werde ihm bestimmt nicht. Schließlich hat er im Frühjahr neben seiner Arbeit am evangelisch-pädagogischen Institut der Evangelischen Kirche im Rheinland sein zweites Buch «Spielend das Leben gewinnen» geschrieben. Schmidt interessierte, was Menschen brauchen, damit sie innerlich stark genug sind, das Leben zu bewältigen. Bei Vorträgen sei er immer wieder angesprochen worden: «Wie machen Sie das eigentlich, dass Sie so fröhlich sind - trotz dieser starken Einschränkung?»

Dank seiner Lebenserfahrung und positiven Ausstrahlung kann sich Schmidt vor Vortragsterminen kaum retten. Zu seiner aktiven Sportlerlaufbahn musste er zu seinem Bedauern die Hälfte aller Anfragen ablehnen. Nach dem Abschied von der Tischtennisplatte «werde ich da einfach noch ein bisschen mehr Gas geben», freut sich Schmidt auf sein Leben nach dem Leistungssport.

Buchtipp: «Spielend das Leben gewinnen. Was Menschen stark macht», Gütersloher Verlagshaus, 14,95 Euro.