Ein Portrait der von Monika Hauser, Gründerin von medica mondiale

Es gibt Dinge, über die kann ich mit niemandem Reden

Worüber niemand gerne redet, ist ihr Lebensthema geworden: Die Vergewaltigung von Frauen. Schonungslos offen berichtet die Ärztin Monika Hauser über die sexuelle Gewalt, die Frauen in den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt angetan wird. Doch manchmal fehlen auch ihr die Worte. "Es gibt Dinge, die mir Frauen in Bosnien erzählt haben, über die ich mit niemandem reden kann", sagt sie. "Das kann ich nicht einmal einer Therapeutin antun." Jetzt wird sie für ihr Engagement mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

Autor/in:
Sabine Damaschke
 (DR)

Die Geschichten der vergewaltigten Frauen seien «tief in ihr vergraben», meint Hauser. Sie sind unvergessen, belastend, aber treiben sie auch an, weiterzumachen im Kampf gegen die Kriegsverbrechen an Frauen, «die immer noch mit einem Handstreich vom Tisch der Geschichte gefegt werden». Die 49-jährige Ärztin wird nicht müde, über die traumatischen Folgen der Vergewaltigungen zu reden: dem Verlust des Urvertrauens, dem zerstörten Selbstbild, den psychischen Störungen und Erkrankungen.

Seit die gebürtige Italienerin 1992 beschloss, nicht nur über die Medien von Massenvergewaltigungen zu hören, sondern selbst mit den Opfern zu sprechen und sie zu therapieren, ist sie unzähligen traumatisierten Frauen begegnet. Zuerst im 1993 von ihr eröffneten Therapiezentrum «Medica Zenica» in Zentralbosnien, danach auch in Köln, wo sie den Verein «medica mondiale» ins Leben rief, um weiblichen Kriegsflüchtlingen zu helfen.

Weiterbildung für Ärztinnen und Therapeutinnen
Zwischen Zenica und Deutschland hin und her pendelnd, organisierte die Medizinerin die gynäkologische und psychologische Betreuung traumatisierter Frauen. Mit Erfolg. Das Therapiezentrum Zenica hat heute drei Standorte mit rund 70 bosnischen Mitarbeiterinnen. In Köln entstanden betreute Wohngruppen, ein breites Weiterbildungsangebot für Psychologinnen und Medizinerinnen wurde aufgebaut. Denn medica monidale bildet auch einheimische Ärztinnen und Therapeutinnen aus Kriegsgebieten für die Arbeit mit Vergewaltigungsopfern fort. Rund drei Millionen Euro, zur Hälfte Spenden, zur Hälfte öffentliche Gelder, standen dem Verein 2007 für seine weltweite Arbeit zur Verfügung.

«An der massiven Gewalt gegenüber Frauen hat sich in 15 Jahren leider nicht wirklich etwas geändert», zieht Monica Hauser Bilanz. Regelmäßig prangert sie die Kriegsverbrechen in der Öffentlichkeit an, denn «medica mondiale» versteht sich auch als Lobby der vergewaltigten Frauen. So appelliert Hauser an Bundeskanzlerin Merkel, sich für ein Ende der Gewalt im Kongo einzusetzen und fordert Unterstützung für die Frauen im Irak und in Afghanistan.

Unermüdlich und unerbittlich kämpft sie für die vergewaltigten und gefolterten Frauen in aller Welt - mit Worten, mit Spenden und auch mit ihren medizinischen Kenntnissen. Für den hohen Einsatz hat sie auch Opfer gebracht. Sie gab eine sichere Anstellung als Gynäkologin an einer nordrhein-westfälischen Klinik auf. Die ständige Überlastung führte zu einer Fehlgeburt und zu einem Zusammenbruch. Doch sie machte weiter, denn: «Frauen müssen kämpfen, ihnen wird nichts geschenkt.»