Vatikan und Islam

Hintergrund

Der Heilige Stuhl unterhält mit 37 überwiegend islamisch geprägten Staaten und Organisationen volle diplomatische Beziehungen. Die frühesten gehen auf die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. 1947 nahm der Libanon mit seinem vergleichsweise hohen Christen-Anteil diplomatische Beziehungen mit dem Vatikan auf, im selben Jahr auch Ägypten.

 (DR)

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgten nach und nach alle nordafrikanischen Staaten sowie die meisten islamisch dominierten Länder Asiens. In den 90er Jahren kamen die zentralasiatischen Republiken hinzu, die nach dem Ende der Sowjetunion selbstständig wurden. Um die Jahrtausendwende folgten Libyen, Jemen, Dschibuti und Bahrain; 2007 als bislang letztes Land die Vereinigten Arabischen Emirate. Mit Saudi-Arabien bestehen weiterhin keine diplomatischen Beziehungen.

Neben der klassischen diplomatischen Ebene spielt bei den vatikanisch-islamischen Beziehungen der "Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog" eine wichtige Rolle. Er wurde 1964 als "Sekretariat für die Nichtchristen" gegründet und erhielt 1988 seine heutige Bezeichnung. Seit 2007 wird dieser Rat von dem französischen Kardinal Jean-Louis Tauran geleitet. Der Rat trifft sich regelmäßig mit Spitzenvertretern anderer Religionen, darunter auch islamischen Geistlichen, und übermittelt Grußworte zu wichtigen Feiertagen. Ihm angegliedert gibt es seit 1974 eine eigene "Kommission für die religiösen Beziehungen mit den Muslimen".

Auf religiöser und politischer Ebene wurden die Beziehungen vor allem unter Papst Johannes Paul II. (1978-2005) fortentwickelt. Höhepunkte waren die Papstpredigt vor muslimischen Jugendlichen in Casablanca (1985), das interreligiöse Friedenstreffen von Assisi (1986), an dem auch zahlreiche islamische Würdenträger teilnahmen, sowie der Besuch des Papstes in der Omajjaden-Moschee von Damaskus (2001).

Sein Nachfolger Benedikt XVI. führt diesen Dialog mit dem Islam fort. Bei seinem ersten Auslandsbesuch als Papst beim Weltjugendtag in Köln traf er muslimische Repräsentanten. Für eine weltweite Diskussion sorgte 2006 seine Vorlesung an der Universität Regensburg. Muslime sahen durch ein historisches Zitat den Propheten Mohammed beleidigt. Mit einer umfassenden Krisendiplomatie, einer Dialog-Offensive und einer Papstreise in die Türkei Ende 2006 glättete der Vatikan die Wogen.