Dalai Lama wirbt in Brüssel für Belange Tibets

Friedlicher Kampf

Der Dalai Lama hat vor dem Europaparlament den friedlichen Kampf für eine Autonomie Tibets verteidigt. "Wir wollen weiter bei China bleiben, aber auch unsere eigenen Interessen, auch die materiellen, verwirklichen können", sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter am Donnerstag in Brüssel.

 (DR)

Mit aller Deutlichkeit wolle er in Richtung Peking sagen, dass seine Bewegung keinen Separatismus anstrebe und Gewalt ablehne. Zugleich rief der Dalai Lama vor den Europaabgeordneten zu einem weltweiten Einsatz für Harmonie unter den Religionen als Beitrag zur Konfliktprävention auf.

In Richtung Peking sagte der Friedensnobelpreisträger, die in Chinas Verfassung verankerten Minderheitenrechte müssten endlich auch für Tibeter gelten. Europa müsse den Dialog mit China über die Tibet-Frage und die Menschenrechte weiterführen.
EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering sagte, das Parlament bekenne sich zur territorialen Einheit Chinas; dazu gehöre auch Tibet. Sein Haus wolle aber immer das Recht der Tibeter verteidigen, ihre kulturelle und religiöse Identität leben zu können.

Der Dalai Lama zeigte sich über die Entwicklung der Gespräche mit China seit den Ausschreitungen in Tibet Anfang März enttäuscht. Nach der Krise habe er auf einen «realistischeren Ansatz» der Regierung gehofft, sagte der Friedensnobelpreisträger nach seiner Rede vor Journalisten. Besonders in Äußerungen von Staatspräsident Hu Jintao habe er Ansätze einer Harmonisierung entdeckt. Aber die Hardliner in der Kommunistischen Partei hätten am Ende erneut die Oberhand gewonnen.

Er verspüre allerdings zunehmend Rückendeckung von chinesischen Intellektuellen, betonte der Dalai Lama. Und wörtlich: «Mein Glaube in die chinesische Regierung wird immer schwächer. Aber ich habe unerschütterliches Vertrauen in das chinesische Volk.»

Der buddhistische Würdenträger sprach zum «Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs» vor dem Europaparlament. Dies hatten zuvor unter anderen der britische Oberrabbiner Jonathan Sacks und der orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel getan. Der Dalai Lama war bereits 1988, 2001 und 2006 zu Gast im Parlament.

In der vergangenen Woche hatte Chinas Regierung den für Montag geplanten EU-China-Gipfel abgesagt, als bekanntwurde, dass der Dalai Lama am Donnerstag in Danzig auch mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zusammentreffen werde. Frankreich hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.

Zum Besuch des Dalai Lama fasteten 35 Abgeordnete und rund 500 weitere Offizielle für 24 Stunden aus Solidarität mit Tibet. Nach eigenen Angaben nahmen sie seit Mittwochmitternacht keine Nahrung zu sich und tragen als Zeichen ihrer Verbundenheit einen weißen tibetischen Schal.