Wie der Vatikan sein Abfallproblem bewältigt

Der Papst, Müll und Recycling

Sie müssen so etwas wie ein Menetekel für den Vatikan gewesen sein, die brennenden Müllberge von Neapel. Als auch die Deponien im heimischen Latium an ihre Kapazitätsgrenzen stießen, rüstete der kleine Staat des Papstes auf Recycling um. Seine Bilanz nach einem Jahr fällt positiv aus. Eine weitere "grüne" Wende unter Benedikt XVI.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

In den Predigten Benedikts spielen Nachhaltigkeit und schonender Umgang mit Ressourcen inzwischen eine feste Rolle. Erst im Herbst nahm der Vatikan eine fußballfeldgroße Solaranlage in Betrieb; sie soll künftig ein Fünftel des Strombedarfs decken.

Galt noch bis vor kurzem Abfalltrennung bei Papstens ebenso wie in Italien als zu umständlich und irgendwie sinnlos, so wird unter Ratzinger sauber differenziert: Flasche zu Flasche, Laub zu Laub. Rings um den Petersdom gruppieren sich mittlerweile 30 Papiercontainer, 25 Sammelbehälter für Glas, 18 für Plastik und 15 für Dosenblech. Dem stehen zwar noch 120 Industriekübel für Restmüll gegenüber - aber immerhin: Der neue Kurs ist klar. Das neu entdeckte Recycling bringe "neben den ökologischen auch wirtschaftliche Vorteile", urteilte der für Abfallwirtschaft verantwortliche Ennio Cortellessa in der Vatikanzeitung "Osservatore Romano". So sorgen die Papierreste aus der Vatikan-Druckerei für einen zusätzlichen Obolus in der Kirchenkasse.

Mit der Entsorgung hat der Kleinstaat fünf externe Firmen betraut. Sie kümmern sich auch um Problemabfälle wie abgelaufene Antibiotika aus der Vatikan-Apotheke oder überfälligen Wurstsalat aus der päpstlichen Metzgerei. Gibt eine Neonröhre den Geist auf, genügt ein Anruf bei einer zentralen Nummer, um den Sondermüll von Mitarbeitern der Technischen Dienste abholen zu lassen. Gefahrgut anderer Art liefern die Sicherheitsdienste ab: säckeweise Taschenmesser, Scheren, Glasflaschen und Spraydosen, die bei den Einlasskontrollen zu den wöchentlichen Generalaudienzen beschlagnahmt werden.

Das Konto der Pilger und Touristen: 400 Tonnen
Fast ein Fünftel der Abfälle gehen auf das Konto der Pilger und Touristen: Auf 400 Tonnen summiert sich jedes Jahr, was Millionen Besucher auf päpstlichem Grund zurücklassen. Das meiste davon landet in den 99 Papierkörben an Berninis barockem Säulenrund am Petersplatz - und manches auch daneben. Wo einst Kaiser Nero seine Wagenrennen veranstaltete, kreist allmorgendlich in Herrgottsfrühe eine Kehrmaschine um den Obelisken und liest auf, was vom Tage übrig blieb - 364 Mal im Jahr, außer Ostermontag.

Mittags hat der Besenwagen einen festen Termin in den Vatikanischen Gärten: Bevor der Heilige Vater mit seinen Privatsekretären durchs Grüne wandelt und dabei den Rosenkranz betet, wird noch mal kurz übergebürstet. Die Parkanlage, die etwa die Hälfte der 44 Hektar Staatsfläche ausmacht, schlägt beim Abfall schwer zu Buche: Durchschnittlich zwei Rasenschnitte pro Woche bringen es bis zum Ende der Saison auf 768 Tonnen; beim Stutzen der Bäume und Hecken im Winter kommen 120 Tonnen zusammen. Weitere 24 Tonnen regnen in Gestalt von Laub und Astbruch nieder.

Apropos Pflanzen: Allein die verblühten Dekorationen der großen Papst-Zeremonien bringen es auf zehn Tonnen. Einmal jährlich fällt schließlich ein monumentaler Weihnachtsbaum zur Entsorgung an. Geschätztes Gewicht: acht Tonnen. Wo hingegen kein Kraut mehr wachsen soll, operiert die päpstlichen Gärtner auch mit Herbiziden. So rücken sie Moos und Gräsern auf dem Petersplatz mitunter chemisch zu Leibe. Dabei soll es sich freilich, wie der Vatikan beteuert, um eine umweltverträgliche Substanz handeln.