Gezielte Schüsse gegen Seeräuber vor Somalia - Mutterschiffe sollen versenkt werden

Kein Pardon mehr für Piraten

Der Kampf gegen die ausufernde Piraterie am Horn von Afrika ist nach Einschätzung westlicher Geheimdienste in ein entscheidendes Stadium getreten. "Es kann keinen Pardon mehr für Piraten geben", sagte ein CIA-Vertreter der Nachrichtenagentur ddp am Freitag in Washington. Die geheime Devise lautet nun: Sofort gezielt scharf schießen.

Autor/in:
Friedrich Kuhn-
 (DR)

Die geheime Devise laute jetzt nach dem dreisten Vorgehen der Seeräuber gegen den US-Frachter "Maersk Alabama": "Sofort gezielt scharf schießen auf alle angreifenden Piraten, um sie auf jeden Fall außer Gefecht zu setzen". Ihre Mutterschiffe sollten versenkt werden. Auch der Unionspolitiker Hans-Peter Uhl (CSU) sprach sich dafür aus, Piraten-Boote zu versenken. Die EU tritt dafür ein, an Land flüchtende Freibeuter zu verfolgen und so dingfest zu machen.

"Das sind unsere Pläne, um endlich mit der Seeräuberei fertig zu werden, die sich über Ostern dramatisch zugespitzt hat", erläuterte der CIA-Mann. Am Ostersonntag hatte ein US-Spezialkommando drei Piraten mit Kopfschüssen getötet, um den Kapitän der "Maersk Alabama", Richard Phillips, frei zu bekommen.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte im Zusammenhang mit dem verstärkten Kampf gegen die Seeräuber einen "Aktionsplan" angekündigt, der mit den Verbündeten abgesprochen werden soll. Man habe es bei der Piraterie zwar mit einem Verbrechen aus dem 17. Jahrhundert zu tun, doch müssten die Mittel des 21. Jahrhundert dagegen eingesetzt werden, meinte Clinton.

US-Präsident Barack Obama unterstrich die Entschlossenheit beim Vorgehen gegen die Freibeuter, die an die 40 Kriegsschiffe im Indischen Ozean in Atem halten. "Ich will es ganz klar sagen, dass wir entschlossen sind, der Zunahme der Piraterie in dieser Region Einhalt zu gebieten", hatte Obama betont.

Die Franzosen, die schon vor Beginn der europäischen Flottenmission im Dezember vor Somalia präsent waren, haben gerade wieder bewiesen, dass sie einen harten Kurs gegen die Piraten fahren. Wann immer die französische Marine auf Piratenboote stößt, schaltet sich sofort Präsident Nicolas Sarkozy vom Elysee-Palast in Paris ein, so auch am vergangenen Dienstag. Der Hubschrauber der Fregatte Nivose hatte einen Piratenangriff auf den unter liberianischer Flagge fahrenden Frachter "Safmarine Asia" abgewehrt. Die Franzosen verfolgten die fliehenden Seeräuber nachts bis zu ihrem Mutterschiff, einem umfunktionierten Fischtrawler, 900 Kilometer östlich des kenianischen Hafens Mombasa.

Die Piraten operieren von einer Vielzahl von Mutterschiffen, die sich im riesigen Indischen Ozean geschickt versteckt halten. Die Seeräuber nutzen die Mutterschiffe als Stützpunkte auf hoher See: Zum einen zur Versorgung, zum anderen, um sicher auf die Weiten des Ozeans zu gelangen, bevor sie mit ihren kleinen schnellen Booten vom Mutterschiff aus ihre Ziele angreifen.

Bei ihrem jüngsten Coup gegen die Seeräuber requirierte das französische Kommando das zehn Meter lange Mutterschiff und verhaftete elf Piraten. Auch sie wurden wie schon andere Piraten nach Befreiungsaktionen zur Aburteilung nach Frankreich geflogen. An die 20 Seeräuber sitzen bereits in Frankreich ein und warten auf ihren Prozess. Der bei der Befreiung der "Maersk Alabama" festgenommene Pirat soll in den USA vor Gericht.

Bei den Franzosen gibt es - anders als bei den Deutschen - bei der Verfolgung, Verhaftung und bei der Behandlung durch die Justiz keine Schwierigkeiten und kein Kompetenzgerangel. Französische Anwälte haben schon versucht, für ihre in Untersuchungshaft einsitzenden Mandanten eine Freilassung zu erreichen. Das Ansinnen wurde vom Pariser Berufungsgericht zurückgewiesen. Das Gericht argumentierte, die Festnahme und die Überstellung der Piraten nach Frankreich fielen unter das Verteidigungsgeheimnis. Von derartigen Operationen "braucht die Justiz keine Kenntnis zu haben". Eine solche Einstellung wäre in der deutschen Politik "undenkbar", war aus Berliner Parlamentskreisen zu hören.

Als "unbedingt notwendig" wurde es in Washington bezeichnet, dass die verschiedenen vor Somalia operierenden Schiffsverbände der EU-Mission "Atalanta", der NATO und der US-Navy sowie der Marineeinheiten aus China, Japan, Indien und Russland besser miteinander verknüpft werden. Das mehr oder weniger lose Zusammenwirken "bringt letztlich zu wenig", hieß es bei der EU in Brüssel.

Die Piraten müssten auch an Land verfolgt werden, wurde in Brüssel argumentiert. Im Dezember hatte der UN-Sicherheitsrat ausdrücklich festgelegt, dass ein Jahr lang internationale Einsätze gegen Piraten auch auf dem somalischen Festland stattfinden dürfen. Eine Nutzung des somalischen Luftraums beispielsweise durch Hubschrauber sei aber nicht zulässig.