Unternehmen und Laien bieten vermeintliche Schutzmöglichkeiten gegen Infektion an

Schweinegrippe und Krisengewinnler

Die Schweinegrippe macht den Gesundheitsbehörden in Deutschland zu schaffen. Doch die Frage, wie man eine Ausbreitung des neuartigen Erregers verhindern kann, ruft nicht nur Beamte und Wissenschaftler auf den Plan. Auch manch kurioser Vorschlag, wie man sich vermeintlich schützen kann, dringt derzeit in die Öffentlichkeit. Und nicht zuletzt wittert auch manch ein Unternehmen in der gegenwärtigen Situation die Chance, mit seinen Produkten auf neues oder größeres Interesse bei potenziellen Abnehmern zu stoßen.

Autor/in:
Stefan Schmitt
 (DR)

Auch fachlich nicht Beteiligte werden aktiv: Feuerwehren schützen, löschen und bergen. Normalerweise. Doch die Berufsfeuerwehr in Essen macht mit epidemiologischen Ratschlägen auf sich aufmerksam. In ihrem Internetauftritt veröffentlicht sie eine Selbstbauanleitung für einen Do-It-Yourself Mund-Nasen-Schutz. Vier zwei Zentimeter breite Stoffstreifen, ein 15 Zentimeter langer biegsamer Draht und ein 17 mal 17 Zentimeter großes Stofftuch: fertig ist die Erstausstattung im Kampf gegen den heimtückischen Krankheitserreger.

Der Pandemie-Schutz in Heimwerkermanier rief am Mittwoch umgehend die Gesundheitsbehörden auf den Plan. Man sehe solche Vorschläge «sehr, sehr kritisch», sagte die Leiterin des Fachbereichs Gesundheitsschutz beim Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit in Münster, Inka Daniels-Haardt. So müssten etwa wirksame Schutzmasken dicht am Gesicht sitzen, um zuverlässigen Schutz zu bieten. Das sei bei selbstgebauten Exemplaren nicht der Fall.

Auch ehemalige Behördenchefs versuchen ihr Wissen im Zusammenhang mit dem Virus zu nutzen: Schon lange warne der frühere Leiter des Staatlichen Umweltamtes Aachen, Wilfried Soddemann, vor den Gefahren einer Infizierung über das Trinkwasser, hieß es am Mittwoch in einer Pressemitteilung der Deutschen Umwelt- und Gesundheitsinitiative (DUGI). Und in Mexiko sei der Erreger über ungereinigte Abwässer zu den Menschen gelangt, hieß es. Und die Wasserwerke in Deutschland könnten Bakterien und Viren nur unzureichend abtöten, argumentiert die Initiative. Deswegen habe Soddemann eine sogenannte Ultra-Filtrationsanlage in sein Wohnhaus eingebaut, die alle Interessierte über die DUGI mit Sitz in Frankfurt am Main beziehen könnten. Soddemann ist bei der Initiative als «Partner» eingetragen.

Weniger die Gefahren im Wasser als in der Luft stehen für einen Hersteller von Luftreinigungssystemen im rheinland-pfälzischen Windhagen (Kreis Neuwied) im Vordergrund. Mit Hilfe von UV-Strahlen ließen sich Bakterien und Viren ausschalten, heißt es dort. Zu diesem Zweck werden von außen nicht sichtbare Leuchtröhren in einem Belüftungssystem installiert. Die Zahl der Viren, Bakterien, und Keime in der Luft könne dadurch «gegen Null» reduziert werden, behauptet das Unternehmen.

Eingesetzt werden ähnliche Anlagen den Angaben zufolge angeblich bereits in Krankenhäusern und öffentlichen Einrichtungen in den Niederlanden. Ein Produktionsstart in Deutschland soll in den nächsten Wochen erfolgen. Denkbar sei, so der Hersteller, dass die komplette Luft beispielsweise auch von ganzen Flughafenempfangshallen weitgehend frei von Krankheitserregern gemacht werden könnte.

Das Bundesgesundheitsministerium warnt dagegen vor «Panikmache». Keiner könne zum jetzigen Zeitpunkt wissen, wie sich die Ausbreitung des Schweinegrippevirus in den nächsten Wochen weiter entwickele, heißt es beim Ministerium in Berlin. In allen Bundesländern seien ausreichende Vorsorgemaßnahmen getroffen worden. Und nach Mitteilung des Robert-Koch-Instituts gibt es für die Bevölkerung «keine allgemeine Gefährdung».