Betriebsseelsorger solidarisieren sich mit Schaeffler-Arbeitern

"Die Beschäftigten erwarten ein klares Wort der Kirche"

Der angeschlagene fränkische Autozulieferer Schaeffler plant bei seinem Personal drastische Einschnitte, will aber vorerst auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Jährlich sollen Personalkosten in Höhe von 250 Millionen Euro eingespart werden, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Herzogenaurach mit. 4.500 Stellen will Schaeffler in Deutschland abbauen. Wie schon in früheren Krisen bei Schaeffler sind nun die Betriebsseelsorger verstärkt gefragt.

Autor/in:
Christian Wölfel
 (DR)

«Das ist schon ein Schlag ins Kontor.» Betriebsseelsorger Peter Hartlaub ist entsetzt. 4.500 Stellen will Schaeffler in Deutschland abbauen. In Schweinfurt sollen es 800 sein, fast 20 Prozent der Belegschaft dort. «Die Drohung ist real geworden», sagt Hartlaub, der erst vergangene Woche an einer Betriebsversammlung in Schweinfurt teilgenommen hat. Schon früher hat er Solidarität für die Beschäftigten des Konzerns organisiert, jetzt will er es wieder tun. Denn die Unterstützung der Arbeiter durch die Kirche sei wichtig, sagt er.

Die Geschichte der Krisen an den unterfränkischen Schaeffler-Standorten begann vor mehr als 15 Jahren, als diese noch unter FAG Kugelfischer firmierten. Das Schweinfurter Traditionsunternehmen stand 1993 praktisch vor dem Aus. Das Engagement in den neuen Bundesländern drohte zum Grab für den Wälzlagerhersteller zu werden. Tausende Arbeitsplätze standen auf der Kippe, sie wurden von den Beschäftigten damals vor den Werkstoren symbolisch zu Grabe getragen. Die Kirchen riefen zu Solidaritätsgottesdiensten und -aktionen auf. Die Firma wurde schließlich gerettet, doch die Mitarbeiterzahl halbierte sich.

«Die Beschäftigten erwarten ein klares Wort von der Kirche, wie es mit dieser Wirtschaft und Gesellschaft weitergehen soll», beschreibt Hartlaub die Lage. Unverschuldet seien die Arbeitnehmer in die Krise geschlittert, «inszeniert von einem System, in dem die Gier regiert hat». Sie müssten dies nun ausbaden. Das ökumenische Wirtschafts- und Sozialwort der Kirchen ist zwölf Jahre alt, «danach ist nichts mehr gekommen», kritisiert Hartlaub. Ein Plädoyer für eine solidarischere, «evangeliumsgemäßere Gesellschaft» von der Werte-Instanz Kirche sei überfällig.

Dass die Kirche in Krisen etwas bewirken kann, hat der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann im Herbst 2004 bewiesen. Schon damals wollte Schaeffler Jobs in Unterfranken abbauen, ein ganzes Werk in Eltmann schließen. Allein dort ging es um mehr als 600 Arbeitsplätze. Hofmann machte sich auf den Weg zu Firmen-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler, um sich für die Beschäftigten einzusetzen.

Was vom Chef-Manager der Schaeffler-Gruppe, Jürgen M. Geißinger, als «Betroffenheitstourismus» verspottet wurde, hat doch etwas bewegt, wie sich Hartlaub erinnert. Die Betriebsräte hätten ihm damals erzählt, dass in den Verhandlungen um den Erhalt des Werkes plötzlich eine andere Atmosphäre geherrscht habe. «Es galt: Hoppla, da schaut jemand von außen drauf.» Jetzt stehe in Eltmann wieder jeder siebte Job auf dem Spiel.

Zusammen mit seinem Bamberger Kollegen Manfred Böhm, der für die Schaeffler-Standorte Herzogenaurach und Höchstadt an der Aisch zuständig ist, will Hartlaub jetzt gemeinsam die kirchliche Solidarität organisieren, die Bischöfe eingeschlossen. Ein erstes Gespräch mit Hofmann gebe es bereits am Donnerstagnachmittag.

Zum Kampf ermutigt werden müssten aber auch «die Kollegen im Betrieb», sagt der Diakon. Schließlich hofft Hartlaub ebenso wie viele Mitarbeiter, dass der Personalabbau für die geplanten Einsparungen von 250 Millionen Euro ohne betriebsbedingte Kündigungen, dafür aber durch Solidarität erreicht werden kann. Auf jeden Fall wird der Betriebsseelsorger in den nächsten Wochen stark gefordert sein als Beistand für Menschen, die vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes stehen.