Steinmeier will Aufnahme von Uiguren aus Guantanamo offenbar begrenzen - Kritik von FDP und Grünen

Angst vor dem Zorn Pekings

Die Verhandlungen um die Aufnahme von Gefangenen aus dem US-Lager Guantanamo sorgen weiter für politischen Streit. Außenminister Frank-Walter Steinmeier will einem "Spiegel"-Bericht zufolge verhindern, dass eine größere Gruppe Uiguren nach Deutschland kommt. Steinmeier fürchte, dass die Aufnahme großen Ärger mit China verursachen werde, berichtete das Nachrichtenmagazin. Die Opposition schimpft.

Autor/in:
Christiane Jacke
 (DR)

Der FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer warf Steinmeier vor, er habe diese Probleme mit seiner grundsätzlichen Hilfszusage an die USA selbst verursacht. Die Grünen bezeichneten den zögerlichen Kurs der Bundesregierung als «beschämend».

Dem «Spiegel»-Bericht zufolge haben die USA um die Aufnahme von neun Männern gebeten, die zur chinesischen Minderheit der Uiguren gehören. Die Regierung in Peking hält die Häftlinge für Terroristen und verlangt deren Auslieferung. Steinmeiers Staatssekretär Reinhard Silberberg soll die Vorbehalte des Auswärtigen Amtes dem Bericht zufolge in der vergangenen Woche bereits in Washington angesprochen haben. Deutschland könne Uiguren demnach nur aufnehmen, wenn sich auch andere Europäer beteiligten - so würde der Zorn Pekings zumindest verteilt. Zudem wolle Berlin nur eine kleine Gruppe der Uiguren ins Land lassen, womöglich ergänzt um Gefangene anderer Nationalität.

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) äußerte laut «Spiegel» ebenfalls deutliche Vorbehalte gegen eine Aufnahme der Männer. «Eine solche Entscheidung würde das deutsch-chinesische Verhältnis aufs Schwerste belasten», sagte er. Es sei zwar richtig, US-Präsident Barack Obama bei der Schließung von Guantanamo zu unterstützen. Doch «nur die USA selbst können die Uiguren aufnehmen, ohne dabei größeren außenpolitischen Schaden zu produzieren».

Auch das Bundesinnenministerium bleibt offenbar bei seiner skeptischen Haltung gegenüber einer Aufnahme. Nach der Prüfung der US-Dossiers zu den neun Häftlingen seien die Sicherheitsexperten von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu dem Schluss gekommen, dass von den Männern eine «potenzielle abstrakte Gefährlichkeit» ausgehe, berichtete das Nachrichtenmagazin «Focus». Auch sei das Material, das über die Uiguren aus den USA gekommen sei, noch immer unzureichend.

Hoyer warf Steinmeier vor, gegen deutsche Interessen gehandelt zu haben, als er den USA grundsätzliche Hilfsbereitschaft bei der Aufnahme von Häftlingen zugesagt habe. Es sei falsch gewesen, dies nicht an die Bedingung zu knüpfen, die Gefangenen mit auszuwählen. «Es ist legitim, darauf zu achten, dass man sich erstens kein Problem der inneren Sicherheit auf den Hals lädt, und zweitens kein außenpolitisches Problem isoliert für Deutschland produziert», sagte der FDP-Vize. Nur die EU als Ganzes könne das Problem der Aufnahme der Uiguren lösen. Hoyer kritisierte: «Hier hat Deutschland geschlafen.»

Der Menschenrechtsexperte der Grünen, Volker Beck, bezeichnete das Vorgehen der Bundesregierung in der Frage dagegen als «beschämend». Er kritisierte, dass die Regierung erst jetzt entdecke, «dass China über eine Aufnahme von Uiguren in Deutschland verschnupft sein könnte», obwohl seit Monaten klar gewesen sei, was die Anfrage der Amerikaner enthalten werde. Beck rügte: «Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Koalition ist, dass man Menschenrechte kleinschreibt.»