Indien: Gewaltsame Ausschreitungen nach Wiener Tempel-Bluttat

Sikhs gegen Sikhs

Nach dem gewaltsamen Tod eines Sikh-Führers in einem Wiener Tempel ist es in Nordindien zu schweren Ausschreitungen gekommen. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern des getöteten Priesters und der indischen Armee starb am Montag mindestens ein Mensch, vier weitere wurden verletzt, wie indische TV-Sender berichteten.

 (DR)


In den beiden nordindischen Bundesstaaten Haryana und Punjab setzten aufgebrachte Demonstranten Häuser, Geschäfte, Züge und Fahrzeuge in Brand. Premierminister Manmohan Singh, der selbst Sikh ist, rief die Bevölkerung zur Ruhe und Besonnenheit auf.

In einem Wiener Sikh-Tempel der Dera Sach Khand-Bewegung war am Sonntag eine mit Pistolen und Messern bewaffnete Gruppe über Priester und Gläubige hergefallen. Dabei kam Guru Sant Rama Nand ums Leben, mindestens 15 weitere Menschen wurden verletzt. Augenzeugen zufolge soll es sich bei den Angreifern um Anhänger eine rivalisierenden Sikh-Gruppe handeln.

Wegen der Ausschreitungen in Indien verhängten die Behörden in vier Städten eine Ausgangssperre. In Jalandhar, wo viele Anhänger des getöteten Gurus leben, griff die Armee ein, um die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Gewaltsame Ausschreitungen innerhalb der Sikh-Gemeinschaft sind selten.

Der Dera Sach Khand-Bewegung gehören vor allem kastenlose Sikhs, sogenannte Dalits, an. Die vor rund 70 Jahren gegründete Reformbewegung wendet sich gegen die in Indien zwar abgeschaffte, jedoch weiter offen praktizierte religiöse und soziale Kasten-Hierarchie.

Zwar kennen die Sikhs, die sich selbst als eine Art Reformbewegung des Hinduismus verstehen, offiziell keine Kastenschranken, dennoch werden Dalit-Sikhs weiter diskriminiert. Für die Dera Sach Kandh-Bewegung sind nicht alle religiösen Vorschriften der orthodoxen Sikhs bindend. So müssen sie etwa die Regel für Männer, einen Turban zu tragen und sich Haare und Bart nicht zu schneiden, nicht befolgen.

Etwa zwei Prozent der 1,1 Milliarden Inder sind Sikhs. Die meisten von ihnen wohnen in der Punjab-Provinz im Norden Indiens. Das wichtigstes Sikh-Heiligtum ist der Goldene Tempel in Amritsar, etwa 30 Kilometer on der pakistanischen Grenze entfernt.