Der Kampf der Indios im Amazonasgebiet

Noch keine Ruhe in Peru

Die Auseinandersetzungen zwischen Indiostämmen und der Regierung von Staatspräsident Alan Garcia über die Nutzung des Amazonasgebiets in Nordperu scheinen weiter zu eskalieren. Im ganzen Land gingen Tausende Arbeiter und Kokabauern aus Solidarität mit den Amazonasindianern auf die Straßen.

Autor/in:
Huberta von Roedern
 (DR)

Sie forderten mehr Mitbestimmung und die gänzliche Abschaffung umstrittener Dekrete, die die Nutzung der Urwälder neu regeln sollten. Dabei kam es in Lima zu gewalttätigen Ausschreitungen.

Unterdessen versuchen Vertreter der Kirche und die Ombudsfrau des peruanischen Volkes, Beatriz Merino, die verfeindeten Parteien an einen Tisch zu bekommen. Dabei sollen auch die Einzelheiten der blutigen Zusammenstöße der vergangenen Woche aufgeklärt werden, bei denen mindestens 33 Menschen getötet wurden.

Freibrief für internationale Firmen?
Auslöser des Konflikts sind Dekrete der Regierung. Sie dienen nach Darstellung von Staatspräsident Alan Garcia dazu, die Flora und Fauna Perus zu schützen, zugleich aber die Wälder nachhaltig zu nutzen und vorhandene Bodenschätze wie Öl und Gas abzubauen. Die betroffenen Indio-Stämme sehen in den neuen Gesetzen jedoch einen Freibrief für internationale Firmen, ihre Wälder ohne Rücksicht auf die Rechte der Bewohner auszubeuten. Sie besetzten Ölförderanlagen, Straßen und Flughäfen, was zu schweren Versorgungsengpässen führte.

Als die Regierung in Lima vor einer Woche anordnete, die monatelangen Blockaden aufzuheben, kam es zu einem Blutbad. 24 Polizisten starben; einige wurden regelrecht massakriert. Offiziell verloren neun Indianer ihr Leben; es soll aber noch Vermisste geben. Der Sprecher der radikalen Stämme, Alberto Pizango, ist nach den Kämpfen untergetaucht und hat Anfang der Woche Asyl von der Regierung Nicaraguas erhalten.

Nun hat zwar das Parlament in Lima am Mittwoch die Dekrete für 90 Tage ausgesetzt und die Vertreter der Indigenen zu Verhandlungen eingeladen. Garcia selbst weigert sich aber, mit den Sprechern der radikalen Indiostämme zu verhandeln. Diese kündigten ihrerseits am Donnerstag an, man werde mit Streiks und Blockaden dafür sorgen, dass die Dekrete komplett aufgehoben würden. Garcia erklärte daraufhin, er lasse sich nicht von radikalisierten Gruppen erpressen. Diese würden zudem vom Ausland finanziert, um seine Regierung zu destabilisieren.

Die Regierung Garcia sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, die Dekrete beschleunigt zu haben, da sie eine notwendige Gesetzesgrundlage für das Freihandelsabkommen mit den USA darstellten. Allerdings verstießen die Gesetze gegen internationale Vereinbarungen, so Iris Ahr, Expertin des katholischen Hilfswerks Misereor: etwa gegen die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zum Schutz indigener Völker. Peru ist diesem Abkommen 1994 beigetreten und hat sich damit verpflichtet, die indigene Bevölkerung an Entscheidungen, die ihren Lebensraum betreffen, zu beteiligen.

Bischöfe für Rechte der Indianer
Auch die Bischöfe der betroffenen Gebiete sprechen sich für die Rechte der Indianer aus, die seit jeher missachtet würden. Die Entwicklung des Landes dürfe nicht nur am wirtschaftlichen Wachstum orientiert sein, sondern müssen die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen der Indios berücksichtigen. Deren Forderungen, an den Entscheidungen beteiligt zu werden, seien berechtigt; allerdings lehne man jegliche Form von Gewalt ab, so sieben Bischöfe in einer gemeinsamen Erklärung.

Die Regierung muss nun glaubhaft machen, dass sie die Indianer künftig aktiver miteinbeziehen will. Die gemäßigteren Stämme müssen die radikaleren überzeugen, über den Verhandlungsweg eine Einigung zu suchen. Und Aufgabe der Kirche und Sozialorganisationen wird es sein, zur Findung eines solchen Kompromisses beizutragen.