Lehrer dürfen im Internet benotet werden

Sieg für "spickmich.de"

Lehrer müssen es grundsätzlich hinnehmen, dass sie von Schülern im Internet nach ihrer Leistung benotet werden. Wie der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschied, ist die Meinungsfreiheit der Schüler höher zu bewerten als das Persönlichkeitsrecht der Pädagogen. Das Grundsatzurteil hat auch Bedeutung für andere Bewertungsportale im Internet.

 (DR)

Im verhandelten Rechtsstreit sah sich eine Gymnasiallehrerin aus Moers in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Pädagogin war von Schülern mit Namensnennung auf "spickmich.de" für das Fach Deutsch mit der Gesamtnote 4,3 bewertet worden. Die Schüler hatten anonym angegeben, inwieweit sie die Lehrerin "cool und witzig", "beliebt" oder auch "motiviert" fanden. Auch die Frage, ob die Pädagogin einen guten Unterricht macht, floss in die Bewertung ein.

Sie sehe sich damit öffentlich an den Pranger gestellt, gab die Lehrerin an, die auch von der Gewerkschaft GEW unterstützt wurde. Sie verlangte eine Unterlassungserklärung und forderte, dass ihre Daten auf der Bewertungsplattform gelöscht werden.

Der sechste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hielt ebenso wie die Vorinstanzen die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Zustimmung der Lehrerin für rechtmäßig. Die Bewertungen stellten "Meinungsäußerungen dar, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin betreffen, bei der der Einzelne grundsätzlich nicht den gleichen Schutz wie in der Privatsphäre genießt". Die Bewertungen seien auch nicht beleidigend oder schmähend gewesen. Persönliche Beeinträchtigungen wegen der Bewertung habe die Lehrerin nicht geltend gemacht.

Es sei auch kein Problem, dass die Notenvergabe der Schüler anonym erfolgt sei. Denn das Recht auf Meinungsfreiheit beinhalte nicht, dass Äußerungen an eine bestimmte Person gebunden sein müssen. Jeder habe grundsätzlich das Recht, das Verbreitungsmedium seiner Meinung frei zu bestimmen.

Planungen für weitere Bewertungen im Internet
Das Grundsatzurteil stärkt Planungen für weitere Bewertungen im Internet. So hatte die Krankenkasse AOK angekündigt, ab 2010 auf ihrer Internetseite einen "AOK-Arzt-Navigator" für ihre 24 Millionen Versicherten bereitzustellen. Dort sollen die Versicherten die Möglichkeit bekommen, Leistung und Service niedergelassener Ärzte zu benoten.

"Der 'AOK-Arzt-Navigator' soll unseren Versicherten bei der Suche nach den besten Ärzten eine Hilfestellung geben", sagte Jürgen Graalmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. In Zusammenarbeit mit Ärzten und der Bertelsmann-Stiftung sollen zuvor geeignete Bewertungskriterien erarbeitet werden.