Heftiger Streit über Lehrermangel

Zoff in NRW

In Nordrhein-Westfalen ist ein heftiger Streit über den Lehrermangel ausgebrochen. CDU-Schulministerin Barbara Sommer wies am Mittwoch Zahlen der SPD-Opposition als "Lügenkampagne" zurück. Die Landesregierung habe in ihrer Amtszeit fast 7.000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Derzeit rechne sie damit, dass zu Schuljahresbeginn etwa 800 Lehrerstellen in NRW unbesetzt blieben. Das seien 0,5 Prozent der landesweit 152.000 Lehrerstellen.

 (DR)

Die SPD-Landtagsfraktion hatte von 5.071 fehlenden Lehrkräften zum Ende des vergangenen Schuljahres gesprochen und sich dabei auf eine eigene Erhebung bezogen. Allerdings gebe es auch Schulen mit Überversorgung, erklärte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ute Schäfer. Im rechnerischen Saldo fehlten landesweit 2.252 Lehrer.

Sommer räumte einen Mangel bei den Lehramtsstudenten ein. Dafür sei aber die rot-grüne Vorgängerregierung verantwortlich, die keine ausreichende Vorsorge getroffen und die Lehrerausbildung etwa an der Universität Bonn eingestellt habe. Um die strukturelle Lehrerlücke zu schließen, habe sie zu Schuljahresbeginn 668 Seiteneinsteiger als Lehrkräfte eingestellt, so die Schulministerin.

Auch die FDP attackierte die frühere Schulministerin Schäfer. Seit dem Regierungswechsel im Jahr 2005 seien von Schwarz-Gelb «nahezu 8000 zusätzliche Lehrerstellen» geschaffen worden, sagte die FDP-Bildungsexpertin Ingrid Pieper-von Heiden. Unter der Verantwortung von Ex-Schulministerin Schäfer habe Rot-Grün dagegen beschlossen, bis 2013 insgesamt 16 000 Lehrerstellen zu streichen.

Akuter Notstand
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zweifelt die Zahlen der Landesregierung an, die «deutlich untertrieben» seien. Zu Beginn des neuen Schuljahres seien in NRW etwa 2.000 Lehrerstellen noch nicht besetzt, sagte der GEW-Landesvorsitzende Andreas Meyer-Lauber vor Journalisten. Es drohe akuter Lehrernotstand. «Der Lehrerarbeitsmarkt in NRW ist leer gefegt.» Vor allem in den Mangelfächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik fehle es an geeigneten Bewerbern.

«Wir haben ein strukturelles Defizit beim Lehrernachwuchs», erklärte der GEW-Landeschef. In NRW müssten zum Schuljahresbeginn rund 8.000 Lehrerstellen neu besetzt werden, tatsächlich gebe es bei den Lehramtsstudiengängen aber nur etwa 6.000 Absolventen. Mit nahezu 40 Prozent sei die Abbrecherquote bei den Lehramtsstudiengängen derzeit außergewöhnlich hoch. Allein bei einer Halbierung der aktuellen Abbrecherzahlen ließen sich zusätzlich 2.000 junge Lehrer gewinnen.
Die GEW schlug vor, den Studierenden für die Lehramtsfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik die Studiengebühren zu erlassen und sie stattdessen gezielt mit einem Stipendium zu fördern.