Funkstille zwischen Kirche und Staatspräsident in Kroatien

Mit dem Kreuz über Kreuz

Nicht zum ersten Mal hat sich der scheidende kroatische Staatspräsident Stipe Mesic mit der katholischen Kirche im Land angelegt. Im jüngsten Fall verlangte er in einem Interview mit dem Kroatischen Radio, dass alle Kruzifixe aus öffentlichen Einrichtungen wie Militärkasernen oder Schulen entfernt werden sollten.

Autor/in:
Veronika Wengert
 (DR)

In der Armee dienten gleichermaßen Juden wie Muslime, Katholiken und Protestanten, aber auch Atheisten. Daher dürfe man nicht nur das Symbol einer einzigen Glaubensgemeinschaft aushängen. Das gelte auch für Schulen und Einrichtungen wie Polizeistationen. Dort sei Platz für Wappen und eventuell die Flagge, nicht aber für Kruzifixe. Er sei nicht prinzipiell gegen Kreuze, nur sei Kroatien eben ein weltlicher Staat, meinte Mesic.

Worte, durch die sich die ohnehin angespannte Situation zwischen Staatspräsident und offizieller Kirche noch weiter zugespitzt hat. Öl ins Feuer hatte Mesic auch mit seiner Aussage gegossen, die katholische Kirche werde in Kroatien privilegiert, da sie jährlich umgerechnet 37 Millionen Euro aus dem Staatsbudget erhalte. Und das, obwohl Kroatien ein laizistischer Staat sei.

Den aktuellen Stein ins Rollen gebracht hatte ein Beitrag in der katholischen Wochenzeitung "Glas Koncila" (Stimme des Konzils). In einem Kommentar ging es um geheime Zeugenaussagen vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Das Blatt bezeichnete Mesic in diesem Zusammenhang als "großen Verräter". Der Präsident wandte sich an die Bischofskonferenz in Zagreb und forderte eine Abgrenzung von dieser Position; schließlich sei die Zeitung das amtliche Organ der Kirche. Da sich aber niemand von dem Beitrag distanziert habe, interpretiere Mesic ihn als die offizielle Position der Kirche, schreibt die Nachrichtenagentur "Hina" unter Berufung auf das Büro des Präsidenten.

Neu sind die unterkühlten Beziehungen nicht
Die Wochenzeitung "Nacional" kritisierte unterdessen in einer Kolumne, im Prinzip stimme sie mit dem Präsidenten überein. An die Wand öffentlicher Einrichtungen gehörten nur nationale Symbole, worunter das Kreuz nicht falle. Allerdings seien Zeit und Ort von Mesics Kritik - so kurz vor dem Ende seiner Amtszeit und in einem Radiointerview - nicht günstig gewählt. Die Idee sei richtig, so "Nacional", die Umsetzung allerdings "der reinste Zirkus".

Neu sind die unterkühlten Beziehungen zwischen Mesic und der Kirche
nicht: Der Präsident hatte in der Vergangenheit mehrfach kritisiert, dass zu viele Geistliche die Kanzel unverhohlen zur Verbreitung rechtsgerichteter politischer Ansichten nutzten. Auch im Vorfeld der Parlamentswahlen im Vorjahr kam es zu einer Polemik zwischen Kirche und Präsident, als dieser eine zu starke Einmischung der Bischöfe in die Politik beklagte.

Dass Mesic am Nationalfeiertag, dem 25. Juni, nicht an der zentralen Messfeier teilnahm, kommentierte Militärpfarrer Juraj Jezerinac prompt mit den Worten, die Teilnahme eines staatlichen Amtsträgers an der Messe sei "mehr als nur ein protokollarischer Akt". Es sei vielmehr ein Zeichen, dass man geistige Werte in Kroatien schätze und ehre, so Jezerinac laut "Hina".

Kirche: Kein Kommentar
Auch bei der nationalen Gedenkfeier am 5. August, an dem die Kroaten des Sieges über die Serben in der Militäroperation Oluja (Sturm) in der Krajina 1995 gedenken, fehlte Mesic. Anwesend war dagegen die neue Premierministerin Jadranka Kosor, die unmittelbar nach ihrem Amtsantritt Anfang Juli dem Zagreber Kardinal Josip Bozanic einen Besuch abgestattet hatte.

Die offizielle Kirche in Kroatien hält sich unterdessen weiter zurück. Man habe auch weiterhin "keinen Kommentar" zu den Vorgängen abzugeben, sagte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz in Kroatien, Zvonimir Anisic, auf Anfrage.