Zwar waren die Deutschen nach Krieg und kultureller Abschottung lesehungrig, doch reichte das Geld zunächst nur für dringenderen täglichen Bedarf. Der Versuch, alte Frankfurter Messe-Traditionen aus dem 17. und 18. Jahrhundert wiederzubeleben und dem ostdeutschen Leipzig den Rang abzulaufen, wäre um ein Haar am mangelnden Interesse der Verlage gescheitert.
Zunächst blieben die deutschen Messeteilnehmer weitgehend unter sich. Nicht zuletzt die während der NS-Zeit ins Exil getriebenen Buch-Experten und ihre internationalen Kontakte waren es dann, die die Messe zu einem weltweiten Marktplatz für Literatur machten: Erstmals 1953 war die Beteiligung ausländischer Verleger mit 534 größer als die der inländischen. In gut vier Wochen werden mehr als 6.900 Aussteller aus 100 Ländern erwartet, darunter 3.800 aus dem Ausland. Im vergangenen Jahr kamen rund 300.000 Besucher - 1949 waren es 14.000.
Internationales Renommee brachte auch der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der erstmals 1951 verliehen wurde und damals an Albert Schweitzer ging. Allerdings gab es auch negative Schlagzeilen: Beispielsweise 1998 die Dankesrede von Martin Walser, die vom damaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, als «geistige Brandstiftung» bezeichnet wurde. Walser hatte eine «Instrumentalisierung von Auschwitz» als «Moralkeule» kritisiert.
In unruhiges Fahrwasser geriet die Buchmesse zur Zeit der Studentenunruhen 1967 und 1968. Es gab Sit-Ins und Protest-Aktionen. Der Buchautor Franz-Josef Strauß und der Friedenspreisträger und senegalesische Staatspräsident Leopold Senghor wurden mit massivem Polizeiaufgebot geschützt. Gesellschaftliches Engagement bewiesen Buchmesse und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels bei der Einführung von Schwerpunktthemen seit den 70er Jahren: Ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückten die Literatur Lateinamerikas und Schwarzafrikas, die «Dritte Welt im Kinderbuch» oder Osteuropa.
Seit den 70er Jahren wurde die Messe auch der Schauplatz für neue Vermarktungsstrategien: Stars wie Hildegard Knef oder Muhammad Ali gaben ihr einen Hauch von Glamour. Werbeetats schwollen dramatisch an. Der Spagat zwischen Kultur und Kommerz wurde zum Thema. 1978 bekamen die Agenten und Scouts dann auch ihren eigenen Platz auf der Messe.
In den 90er Jahren entwickelte sich die Bücherschau von der Buch- zur Medienmesse. Pläne, eine eigene Messe für elektronische Medien auszugliedern, setzten sich nicht durch. «Frankfurt goes electronic» hieß es 1993. Seitdem ist die Präsentation von CD-Rom, elektronischen Datenbanken, Internetangeboten und Hörbüchern fester Bestandteil der Messe. In den letzten Jahren stehen elektronische Bücher und die Digitalisierung im Mittelpunkt des Interesses. Mit ihnen stellt sich die Frage nach der Zukunft des gedruckten Wortes ganz neu.
Die Buchmesse geriet schon öfters in unruhiges Fahrwasser
Mehr als nur Bücher
Zwei mal zwei Meter lange, schräggestellte Holzbretter - so sahen die ersten Messestände aus. Dass sich Frankfurt am Main zum größten Bücherumschlagplatz der Welt entwickeln würde, war nicht abzusehen, als sich 1949 rund 200 Aussteller zur ersten Buchmesse in der Paulskirche einfanden.
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