Misstöne zum orthodoxen Weihnachtsfest in Bethlehem

Es geht um Bauland

Statt Pfadfindertrommeln gab es für Theophilos III. diesmal ein Pfeifkonzert: Mehr als hundert Demonstranten säumten am Mittwoch den Bethlehemer Krippenplatz zum feierlichen Einzug des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Jerusalem in die Geburtsstadt Jesu. Was normalerweise als ein Höhepunkt der orthodoxen Weihnachtsfeiern gilt, wurde Schauplatz des Unmuts der palästinensischen Gläubigen.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
Bethlehem: Theophilus III.  (KNA)
Bethlehem: Theophilus III. / ( KNA )

Die bunt uniformierten Pfadfinder-Musikgruppen, die dem Patriarchen traditionell voranlaufen, waren zu Hause geblieben. Stattdessen begleitete ein Auto mit winkenden Weihnachtsmännern, von dem blecherne Weihnachtslieder erklangen, den würdigen Zug der Mönche - ein skurriles Bild. «Die Geschäfte des Patriarchen unterstützen die israelische Besatzung» war unter anderem auf den Spruchbändern der Demonstranten zu lesen - auf Griechisch, Arabisch und Englisch.

Grund für die Verstimmung der Menschen sind Geschäfte mit Ländereien des Patriarchats. Konkret geht es um 43.000 Quadratmeter beim Kloster «Mar Elias» zwischen Jerusalem und Bethlehem. Das Land wurde von der Kirche an eine israelische Baugesellschaft verpachtet - für 99 Jahre. Eine ähnliche Geschichte hatte die arabischen Gläubigen schon früher gegen ihre griechische Hierarchie aufgebracht und 2005 die Entthronung von Theophilos Amtsvorgänger Irenäus eingeleitet. Im allgegenwärtigen Kampf um Land gilt unter Palästinensern der Verkauf - oder langfristiges Verpachten - an jüdische Israelis als schwerer Verrat.

Im Patriarchat ist man empört über die Anklagen der palästinensischen Gläubigen: «Wir versuchen nur, Schlimmeres abzuwenden», erklärt ein enger Mitarbeiter des Patriarchen. Bei dem fraglichen Grundstück handele es sich um eine Grünfläche, die akut von der Konfiszierung durch die Stadt und die israelische Landbehörde bedroht sei. Laut israelischem Gesetz könne unbebautes Land ohne größere Probleme für Straßenbau, Parkanlagen oder anderes Gemeinwohl enteignet werden.

Zudem sitzt dem Patriarchat noch das Gespenst der Amtszeit von Irenäus im Nacken: Schon der Ex-Patriarch hatte das Grundstück an zwei verschiedene, allerdings zweifelhafte Investoren verpachtet. Außerdem übertrug er die Verwaltung des kompletten Kircheneigentums einem Berater, der bereits früher zentrale Liegenschaften des Patriarchats in der Altstadt rechts-nationalen jüdischen Siedlergruppen zugeschustert hatte. Kritiker werfen dem entthronten Patriarchen eine Art Racheaktion vor. Die Absprachen wurden getroffen, als Irenäus bereits abgesetzt, aber bis zur offiziellen Anerkennung seines Nachfolgers für die israelischen Behörden noch im Amt war.

Vor Gericht streitet nun Theophilos darum, die letzten Amtshandlungen seines Vorgängers rückgängig zu machen, um nicht die Verwaltung des riesigen historischen Grundbesitzes des Patriarchats in Jerusalem aus den Händen zu verlieren. Mit der Verpachtung der Ländereien bei «Mar Elias» an eine «seriöse Firma» habe man die Flucht nach vorne angetreten, heißt es im Patriarchat: Um erstens einer Konfiszierung und zweitens den unliebsamen Geschäften von Irenäus entgegenzuwirken. Die Firma habe sich zudem verpflichtet, 100 Wohneinheiten für die Kirche und ihre Mitglieder bereitzustellen.

Die palästinensischen Gläubigen kann diese Versicherung nicht
beruhigen: Theophilos habe gegen sein Versprechen verstoßen, keinerlei Veräußerung von Kircheneigentum ohne Rücksprache mit der palästinensischen und jordanischen Regierung als weiteren «Status-quo-Mächten» zu tätigen, sagt der Leiter des arabisch-orthodoxen Komitees, Marwan Toubassi. Darüber sei man sehr verstimmt. Man habe dem Patriarchat angeboten, das fragliche Grundstück stattdessen einer saudischen Firma zu verpachten, was jedoch abgelehnt worden sei.

Der Boykott des Einzugs des Kirchenoberhauptes solle eine Geste des Unmuts der arabischen Christen setzen, auch um den «Verdacht christlicher Kollaboration mit israelischer Landübernahme» zu entkräften, so Toubassi. Zur großen Mitternachtsmesse war aber wieder Normalität angesagt - schließlich sei Weihnachten immer noch das Fest der Geburt Jesu.