Gespräch zwischen Käßmann und Guttenberg soll Wogen glätten

Miteinander statt übereinander

Ein Gespräch zwischen Bischöfin Margot Käßmann und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Montag in Berlin soll die Wogen der Debatte zwischen Kirche und Politik um den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan glätten. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erklärte am Dienstag in Hannover, sie freue sich, dass der Verteidigungsminister ihrer Anregung zu einem persönlichen Gespräch sofort zugestimmt habe.

 (DR)

Sie wolle mit zu Guttenberg über die friedensethische Position der Protestanten und die deutsche Afghanistanpolitik sprechen, sagte Käßmann. Als EKD-Ratsvorsitzende vertritt die hannoversche Landesbischöfin rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland.

Unterdessen rief Käßmann erneut dazu auf, dem Afghanistan-Konflikt vorrangig mit zivilen Mitteln zu begegnen. «Ich bleibe dabei: Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen», sagte Käßmann am Mittwoch im Kloster Loccum. Sie wiederholte ihre Aussage, die in den vergangenen Tagen heftige Kritik von Politikern ausgelöst hatte: «Wer - beim besten Willen - möchte dem Satz widersprechen, dass in Afghanistan nichts gut ist.»

«Die Anfeindungen der letzten Tage befremden mich, weil sie eine klare politische Kultur infrage stellen, in der es möglich ist, in Freiheit Fragen zu stellen - auch als Frau der Kirche», so die Theologin. Gleichzeitig habe sie viel Unterstützung erfahren. Offenbar sei es notwendig, dass die Gesellschaft diese Debatte führe. «Ich denke, eine Mahnung zum Frieden gehört genuin zum bischöflichen Amt.»

In ihrer Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche hatte Käßmann gesagt, in Afghanistan schafften Waffen «offensichtlich auch keinen Frieden». Dies war als Forderung nach einem schnellen Abzug der Bundeswehr verstanden worden. Bei Regierung und Opposition gab es zum Teil scharfen Widerspruch. Käßmann erklärte daraufhin, sie habe nie den sofortigen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan verlangt.

Nach Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) suchen weitere Unionspolitiker das Gespräch mit Käßmann. Man wolle die Bischöfin möglichst noch im Januar in die außenpolitische Arbeitsgruppe der Unionsfraktion zu einem Meinungsaustausch über die Afghanistan-Politik einladen, sagten der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Philipp Mißfelder (CDU), und der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler dem epd in Berlin am Mittwoch.

Gauweiler sagte vor dem Hintergrund der Debatte, er persönlich sei «froh über die Äußerungen Käßmanns» und halte die teils scharfe Kritik an der Ratsvorsitzenden nicht für angemessen. Käßmann habe «gesagt, was die überwältigende Mehrheit der Bürger und Wähler aller Parteien denkt», so Gauweiler. «Wenn sich die Kirche nicht mehr zu Krieg und Frieden äußern kann, wer dann?» Der CSU-Politiker hatte im Bundestag mehrfach gegen den Afghanistan-Einsatz gestimmt.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, hatte die Klarstellung Käßmanns am Dienstag begrüßt. «Ich bin froh, dass sie jetzt diese Position bezieht, die wesentlich mehr dem entspricht, was, sagen wir mal, auch die Mehrheit des Deutschen Bundestags für richtig hält», sagte der CDU-Politiker.

Der katholische Bischof Stephan Ackermann fordert eine Neubewertung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr, lehnt aber einen kurzfristigen Abzug ab. «Was ich für wichtig halte, ist eine offene Diskussion», sagte der Trierer Geistliche am Dienstag in einem Interview mit der Online-Ausgabe der «Frankfurter Rundschau». Die Ziele des Einsatzes und die Lage müssten neu beurteilt werden. «Natürlich geht es dabei langfristig um eine Exit-Strategie», so Ackermann, der auch Vorsitzender der Deutschen Kommission «Justitia et Pax», einem katholischen Dachverband von Friedensorganisationen, ist.

Klare Unterstützung erhielt Käßmann vom Berliner evangelischen Bischof Markus Dröge. Eine bedingte Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes sei ethisch nur akzeptabel, wenn «die längst überfällige Zieldefinition und dazu eine Exit-Strategie festgelegt» würden. Ohne Schuld komme keiner aus diesem Dilemma heraus, weder Politiker noch Soldaten.

Auch «Emma»-Herausgeberin Alice Schwarzer stärkt der Bischöfin den Rücken. Dass das Oberhaupt einer deutschen Kirche vor einem Krieg warne und zu einem klaren Friedenszeugnis aufrufe, sei das mindeste, was zu erwarten sei, schreibt die Feministin in einem offenen Brief auf ihrer Homepage.