Ein Jahr nach dem Amoklauf hat sich in Waffenrecht, Schulsicherheit und Computerspielen einiges getan

Aus Fehlern gelernt?

Seit dem Amoklauf von Winnenden sollen unter anderem ein schärferes Waffenrecht und mehr Sicherheit in Schulen helfen, solche Taten zu verhindern. Ein Überblick über die Entwicklung.

Autor/in:
Judith Kubitscheck und Tanja Tricarico
 (DR)

Tim K. tötete mit der Waffe und der Munition seines Vaters.
Unmittelbar nach dem Amoklauf hat die Bundesregierung das nationale Waffenrecht verschärft. Nun gelten strengere Sicherheitsbestimmungen, wie und wo die Waffen aufbewahrt werden müssen. Außerdem wurde die Altersgrenze für das Schießen mit großkalibrigen Waffen von 14 auf 18 Jahre angehoben.

Etwa 2,3 Millionen Menschen in Deutschland besitzen über 7,2 Millionen «scharfe» Waffen. Das neue Waffenrecht erlaubte Besitzern von legalen und illegalen Waffen, diese ohne Strafe bis Ende 2009 bei den Behörden abzuliefern. Allein in Baden-Württemberg wurden 64.200 legale und 7.000 illegale Waffen abgegeben.

Noch im März 2009 hat die baden-württembergische Landesregierung den Expertenkreis Amok gegründet, der im Oktober seine Empfehlungen vorlegte. Die Fachleute, darunter Polizisten, Psychologen und Pädagogen, fordern mehr Personal, damit auffällige Schüler rechtzeitig erkannt werden.

An die 100 Psychologen arbeiten bereits an Schulen des Bundeslandes. «Wir brauchen deutlich mehr davon, außerdem Beratungslehrer und eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern», sagt Karin Zirenner, Leiterin der Stabsstelle Prävention und Intervention bei Gefahrenlagen des Kultusministeriums Baden-Württemberg.

Schon vor dem Amoklauf in Winnenden hat die Stadt Karlsruhe sich mit der Sicherheit an Schulen beschäftigt. Vier Schulen haben seitdem ein Türknaufsystem eingerichtet, das verhindert, dass während des Unterrichts von außen die Türen geöffnet werden können. «Die Schulen haben damit gute Erfahrungen gemacht», sagt Joachim Frisch, stellvertretender Amtsleiter beim Schul- und Sportamt Karlsruhe. Außerdem gibt es neben der Pausenklingel und dem Feueralarm in vielen Karlsruher Schulen einen dritten Signalton. Im Amokfall müssen die Schüler im Klassenraum bleiben, sich von den Türen fern halten und die Fenster schließen.

Besonders kritisch sieht der Expertenkreis Amok einschlägige Computerspiele. Auch der Winnender Täter Tim K. spielte regelmäßig. Die Experten wollen blutige Szenen oder Sequenzen, die an Amokläufe erinnern, in den Spielen verbieten. Zudem soll eine Altersabfrage Missbrauch vorbeugen. Ähnlich wie bei pornografischen Seiten wird so Minderjährigen der Zugang zu Gewaltspielen verwehrt.

Mitte März soll vor dem Landgericht in Stuttgart der Prozess gegen Tims Vater verhandelt werden. «Wir wollen klären, ob die Eltern von der psychischen Gefährdung ihres Sohnes wussten und wie weit sie für die Tat haftbar sind», sagt der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger.

Aus dem Aktionsbündnis der Winnender Opfereltern ist die «Stiftung gegen Gewalt an Schulen» entstanden. Nach dem Jahrestag will die Stiftung eine «Hotmail» freischalten, an die sich Schüler wenden können, wenn ihnen etwas bei ihren Mitschülern auffällt.