Lehmann und Kasper über "Leben - Heimat - Sinnerfahrung"

Schwaben und Kardinäle

Sie sind Professoren, Bischöfe, Kardinäle - und Schwaben; die Väter waren Lehrer. Walter Kasper, wurde in Heidenheim geboren, wuchs in Wangen auf. Karl Lehmann, kam in Sigmaringen zur Welt. Am Montag sprachen die beiden Kirchenmänner in Mainz über "Leben - Heimat - Sinnerfahrung".

Autor/in:
Peter de Groot
 (DR)

Kasper war Bischof von Rottenburg-Stuttgart, ist seit etwas mehr als neun Jahren Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, lebt in Rom. Lehmann ist seit 1983 Bischof von Mainz, war von 1987 bis
2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.  

«Ich bin Schwabe»
Eben erst von Washington nach Rom zurückgekehrt, machte Kasper in Mainz Station auf dem Weg nach Paris. «Ich bin Schwabe», sagt er, «und Schwaben zieht es hinaus in die Ferne.» Und was ist ihm Heimat? Der Kardinal spricht vor den mehr als 300 Zuhörern von seiner Familie, von der Kirche vor Ort, von der Landschaft, in der er aufwuchs, von geschichtlichen Bezügen, vom Dialekt. Und er zitiert den Philosophen Ernst Bloch: «Heimat ist, was jedem in der Kindheit leuchtet und doch immer Zukunft ist.» In der Summe nicht anders als Kasper sieht es Lehmann. Er spricht von seiner Heimat als von einem Rückhalt. Heimat gebe einem Boden unter die Füße, sagt der Kardinal.
Es sei wichtig, dass man sich seine Heimat bewahre, auch wenn man nicht dort wohne.

Lehmann weist darauf hin, dass er - seine Zeit als Professor an der Uni Mainz eingerechnet - noch nirgends solange gelebt hat wie in der Landeshauptstadt - über 30 Jahre. Und doch: Es ziehe ihn, je älter er werde, mehr zurück. Es gebe eine «Ur-Heimat», die andere habe er sich sozusagen erworben. Und was Kasper angeht: Zieht es den für die Förderung der Einheit der Christen zuständigen Kurienkardinal vielleicht zu einer anderen christlichen Kirche? Er lerne diese Kirchen schätzen, sagt der Kardinal, «aber sie werden nicht zur Heimat».

«Unsere Heimat ist der Himmel»
Lehmann wie Kasper machen deutlich, dass Heimat nicht «begrenzen» sollte. Sie dürfe nicht «zementieren», sagt Lehmann. Für Kasper gehören «die Weite der Welt und die Heimat» zusammen. Die beiden Kirchenmänner versäumen nicht, darauf hinzuweisen, dass Heimat brüchig werden kann und dass sie mit dem Tod für einen jeden zerbricht. Lehmann spricht von der Sehnsucht nach einer «ewigen Heimat», zitiert das Bibelwort «Unsere Heimat ist der Himmel». Kasper sagt, «dass wir die letzte Heimat nicht bauen können», es aber die Gewissheit der Christen sei, dass ihnen diese Heimat geschenkt werde.

Wie nicht anders zu erwarten, wurden die beiden Kardinäle an diesem Abend in Mainz auch auf den Missbrauchsskandal in Einrichtungen der katholischen Kirche angesprochen. Es sei sehr viel Vertrauen verloren gegangen, sagt Kasper. Er zeigt sich überzeugt davon, dass die Kirche die Krise meistern werde. Und Lehmann stellt klar: «Die Verletzung, die Wunde» reize ihn, sich noch mehr für die Kirche einzusetzen.