Eine Überraschung war die Ernennung Kowalczyks nicht mehr. Seit Monaten galt er in polnischen Kirchenkreisen und Medien als Favorit. Der Grund ist einfach: «Als langjähriger Nuntius kennt er die Kirche in Polen besser als jeder andere Bischof», kommentierte der stellvertretende Episkopats-Vorsitzende, Erzbischof Stanislaw Gadecki von Poznan (Posen), die Personalentscheidung.
Als pikant galt im Vorfeld, dass sich der Vatikan-Botschafter womöglich selbst als Erzbischof vorschlägt. Das hielten Beobachter jedoch für fraglich. Nach dem üblichen Verfahren übermittelt der Nuntius dem Vatikan die Namen von drei geeigneten Kandidaten. Der Papst ist aber völlig frei bei seiner Wahl. Der Ablauf blieb indes geheim. Im März meldete eine polnische Tageszeitung, Kowalczyk wolle gar nicht Primas werden.
Wohl am positivsten reagierte am Samstag der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz. «Der neue polnische Primas ist ein Mann mit viel Erfahrung, Enthusiasmus und Mut», lobte der einstige Sekretär von Papst Johannes Paul II. (1978 bis 2005). Seine Hauptaufgabe werde zwar die Arbeit in der westpolnischen Erzdiözese sein. Als Primas stehe er aber zugleich für die Einheit der Kirche, so Dziwisz. Der Kardinal kennt ihn gut aus seiner Zeit im Vatikan. Dort leitete Kowalczyk von 1978 bis zu seiner Berufung zum Nuntius im August 1989 die Polen-Abteilung im Staatssekretariat. In Warschau baute er die während des Kommunismus verwaiste Vatikanbotschaft wieder auf.
Kowalczyk spielt seither eine Schlüsselrolle in der Kirche in Polen. Er handelte für den Heiligen Stuhl das 1993 geschlossene polnische Konkordat aus. Zugleich wirkte er als Nuntius an der Berufung aller Bischöfe für das Land mit. Dabei geriet er einmal auch stark in die Kritik, weil im Januar 2007 der ernannte Warschauer Erzbischof Stanislaw Wielgus am Vortag seiner Einführung wegen Geheimdienstkontakten zurücktreten musste. Man warf Kowalczyk vor, den Kandidaten nicht ausreichend geprüft zu haben.
Anschuldigungen gegen Kowalczyk, dieser habe wissentlich für den Geheimdienst gearbeitet, stellten sich indes als falsch heraus. Vielmehr war er von 1982 bis 1990 ohne sein Wissen unter dem Decknamen «Cappino» als «Informationskontakt» registriert und für den Geheimdienst unbrauchbar, wie Untersuchungen ergaben.
Als Nuntius rügte Kowalczyk 2006 scharf den nationalkonservativen Kirchensender «Radio Maryja», weil dieser die Autonomie der politischen Sphäre missachtet habe. Er forderte im Auftrag von Benedikt XVI. die polnische Provinz des Redemptoristenordens auf, den ihr unterstehenden Sender besser zu kontrollieren. Es handle sich eine «ernste Warnung», schrieb er damals. Eigene parteipolitische Sympathien ließ er bisher nicht erkennen.
Der Termin der Amtseinführung des neuen Primas blieb zunächst offen. Er fällt jedoch offenbar in die Hochphase des Präsidentschaftswahlkampfs. Am 20. Juni wählt Polen ein neues Staatsoberhaupt, nachdem Präsident Lech Kaczynski bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Mit der Berufung eines neuen Vatikan-Botschafters rechnet der Pressesprechers der Bischofskonferenz, Pfarrer Jozef Kloch, allerdings erst im September.
Papst ernennt Kowalczyk zum Nachfolger von Muszynski
Nuntius wird Primas von Polen
Polens katholische Kirche hat einen neuen Primas. Papst Benedikt XVI. ernannte am Samstag den bisherigen Vatikan-Botschafter in Polen, Erzbischof Jozef Kowalczyk (71), zum neuen Erzbischof von Gniezno (Gnesen) und zum Primas. Er tritt die Nachfolge von Erzbischof Henryk Muszynski (77) an, dessen altersbedingten Rücktritt der Papst annahm.
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