SPD und Grüne kündigen Schul- und Sozialreformen an

Rot-Grün in NRW drückt aufs Tempo

SPD und Grüne wollen bereits vor der Sommerpause erste Gesetzesvorhaben ihrer geplanten Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen auf den Weg bringen. Bei der ersten Runde der rot-grünen Koalitionsverhandlungen verständigten sich Sozialdemokraten und Grüne am Dienstag in Düsseldorf über Reformen bei Bildung und Mitbestimmung. Scharfe Kritik an dem geplanten Minderheitskabinett kam erneut von der FDP.

 (DR)

Auf den Schulzeugnissen wolle man im kommenden Jahr die sogenannten Kopfnoten zur Bewertung des Sozialverhaltens wieder abschaffen, kündigten die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft und Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann nach rund eineinhalbstündigen Beratungen an. Bei dieser kleinen Schulrechts-Novelle sollten unter anderem auch die Mitbestimmungsrechte der Eltern gestärkt werden. Mitte Juli würden die Pläne in den Landtag eingebracht.

Außerdem will die künftige Koalition das von Schwarz-Gelb geänderte Landespersonalvertretungsgesetz wieder zugunsten der Personalräte im öffentlichen Dienst ändern. NRW solle wieder «das Mitbestimmungsland Nummer eins in Deutschland werden», sagte Kraft. Bei beiden Gesetzesinitiativen gebe es inhaltliche Überschneidungen mit der Opposition im Landtag.

SPD und Grüne setzten zehn Arbeitsgruppen ein, die die Koalitionsverhandlungen zu den einzelnen Politikfeldern im Detail ausgestalten sollen. In der großen Runde der Spitzenpolitiker werden die Verhandlungen am Freitag fortgesetzt. Insgesamt sind etwa fünf Termine in der großen Runde geplant.

Vorgesehen ist, dass Parteitage von SPD und Grünen am 10. oder 11. Juli den Koalitionsvertrag absegnen. Am 13. oder 14. Juli soll Kraft im Landtag als Nachfolgerin des derzeit geschäftsführenden Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) zur ersten Regierungschefin der NRW-Geschichte gewählt werden.

Linke-Chefin Gesine Lötzsch sieht unterdessen Gemeinsamkeiten zwischen ihrer Partei und Rot-Grün. In den Wahlprogrammen der drei Parteien «findet man ungefähr 80 Prozent Überschneidung, und da wäre es doch ein politisches Unding, wenn es dort nicht zu einer Zusammenarbeit käme». Es gehe darum, die Situation für die Menschen insbesondere im Bildungssektor zu verbessern und das Sparpaket der schwarz-gelben Bundesregierung im Bundesrat zu verhindern.

Kritik kam aus der FDP-Landtagsfraktion. Deren Vorsitzender Gerhard Papke bemängelte, dass die geplante Koalition «in Wahrheit auf der Unterstützung durch die Linkspartei» basiere, die wegen ihres linksextremistischen Charakters vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Dies könne die FDP nicht mittragen. Die FDP-Fraktion beschloss laut Papke einstimmig, bei der Wahl von Kraft zur Ministerpräsidentin geschlossen mit Nein zu stimmen.

Derweil nominierte die CDU-Landtagsfraktion den bisherigen Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) einstimmig für das Amt des Landtagspräsidenten. Man erhebe den «Anspruch» auf das Amt, weil die CDU bei der Landtagswahl am 9. Mai mehr Stimmen als die SPD gewonnen habe, sagte der kommissarische CDU-Fraktionschef Christian Weisbrich. Mit anderen Fraktionen habe man bisher aber noch nicht über den Personalvorschlag gesprochen. Kraft sagte nach den Koalitionsgesprächen, man habe darüber noch nicht beraten.

CDU und SPD stellen im Landtag jeweils 67 Abgeordnete. Die Christdemokraten hatten bei der Wahl aber knapp 5900 Zweitstimmen mehr eingefahren als die SPD.

Bei der Landtagswahl hatte die CDU mehr als zehn Prozentpunkte verloren. SPD und Grünen fehlt im Landtag ein Mandat für eine absolute Mehrheit. Nach wochenlangen erfolglosen Sondierungen mit anderen Parteien hatten SPD und Grüne am vergangenen Donnerstag die Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung angekündigt. Sollten sich Abgeordnete anderer Fraktionen im Parlament enthalten, wäre Kraft bei der geplanten Ministerpräsidentenwahl Mitte Juli im zweiten Wahlgang mit einfacher rot-grüner Mehrheit gewählt.