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Camilla Landbö (KNA)
Buenos Aires (KNA) Maradona hat es wieder einmal geschafft: Er ist eine Attraktion bei der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika.
Diesmal allerdings am Rande des Spielfelds, als Nationaltrainer der argentinischen Elf. Die Kameras der Welt rücken den untersetzten 49-Jährigen im schicken Anzug auffallend oft ins Bild: Wenn er nach einem Tor jubelnd herumwirbelt, wenn er empört aus der Wäsche schaut, oder wenn er seine Spieler liebevoll tätschelt. Maradona ist pure Unterhaltung und irgendwie «in». Vor dem Viertelfinale gegen Deutschland am Samstag feiern ihn die Argentinier ekstatisch, verehren ihn geradezu wie einen Heiligen.
Das sah vor der WM, für die sich die Mannschaft von Maradona mühevoll qualifizierte, noch ganz anders aus. «Vor der Weltmeisterschaft hieß es in Argentinien, ich verstünde als Coach überhaupt nichts», sagte die legendäre Nummer 10 in Südafrika lakonisch vor Journalisten. «Jetzt, mit vier Siegen nacheinander sagen sie, ich sei der Beste.» Nach der deutlichen Kritik während der Qualifikation, in der der Stern des Fußballgottes unterzugehen drohte und von einem Trainerfehlgriff die Rede war, ist Diego Armando Maradona nun wieder obenauf und unumstrittener Volksheld.
Für einige ist er sogar noch mehr: Die sogenannte Maradona-Kirche, Iglesia Maradoniana, in Argentinien kann wegen der Erfolge in Südafrika wohl mit einem noch größeren Zulauf rechnen. Gegründet wurde die kuriose Kultstätte vor rund zwölf Jahren in der argentinischen Stadt Rosario, heute zählt sie Tausende Mitglieder weltweit. Klar: Angebetet wird Gott, also Diego. Die Religion ist der Fußball, die Bibel Diegos Autobiografie «Yo soy Diego».
Reliquien sind hellblauweiße Trikots. Weihnachten wird am 30.
Oktober gefeiert, zu Maradonas Geburtstag. Momentan halten sich Kirchenmitglieder in Südafrika auf. Vor jedem Spiel beten sie «Diego unser auf Erden...»
Ob das am Samstag gegen die Deutschen helfen wird? Bei der WM 2006 in Deutschland scheiterten die Argentinier jedenfalls im Viertelfinale im Elfmeterschießen am Gastgeber. Maradona spricht denn auch vom «bisher wichtigsten Spiel der ganzen WM» - und verspürt offenbar ein starkes Verlangen in den Füßen. «Ich fühle mich wie 1986, ich würde am liebsten das Trikot anziehen und aufs Spielfeld rennen», sagte der Trainer auf einer Pressekonferenz.
Damals gewann Argentinien das WM-Endspiel in Mexiko mit 3:2 gegen Deutschland.
Es war zugleich das Turnier, in dem die ohnehin schon begeistert gefeierte argentinische Nummer 10 endgültig in himmlische Sphären entflog. Im Viertelfinale gegen England erzielte Maradona mit der legendären «Hand Gottes» einen Treffer und bezwang die Engländer mit einem weiteren Tor nach einem atemberaubenden Dribbling übers halbe Spielfeld quasi im Alleingang. An diesem Tag wurde aus Diego ein Gott.
Und wenn Maradonas «muchachos» am Sonnabend ausscheiden? Droht dann wieder Liebesentzug in Argentinien? Wohl kaum. Mit dem erfolgreichen Einzug ins Viertelfinale hat die 1,65 Meter kleine Fußballgröße seinen Heiligenstatus verfestigt. Und falls die argentinische Elf Weltmeister wird, erwartet das Land eine besondere Einlage: Pelusa, Wuschelkopf, wie ihn die argentinischen Medien gerne nennen, will splitternackt um den Obelisken in Buenos Aires laufen. Einige haben bereits angekündigt, Santo Diego dabei zu begleiten. Das könnte der nackte Wahnsinn werden.
Argentinien verehrt Maradona wie einen Heiligen
Santo Diego
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