Drittes Baby an Mainzer Uniklinik gestorben

Debatte um Hygieneordnung

Nach dem Tod eines dritten Babys auf der Intensivstation der Mainzer Uniklinik erwartet die Klinikleitung keine weiteren Todesfälle. Die vier anderen Kinder, die mit einer verunreinigten Infusionslösung infiziert wurden, seien alle auf dem Weg der Besserung. Experten diskutieren nun eine bundesweite Hygieneordnung.

 (DR)

Der klinische Leiter der Universitätsmedizin, Norbert Pfeiffer, sagte am Dienstag in Mainz, das dritte Baby sei am Montagabend gestorben. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass alle Kinder schon ernste Vorerkrankungen gehabt hätten. Ob die Babys tatsächlich an der Infektion gestorben sind, sei noch immer unklar, sagte Pfeiffer. Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung stünden noch aus. Das dritte Baby sei in der 24. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen und habe sich in einem Zustand der extremen körperlichen Unreife befunden. «Dieses Kind war unter den fünf Kindern, die sich zunächst in einem kritischen Zustand befanden. Bei ihm mussten wir allerdings aufgrund der extremen Frühgeburtlichkeit mit dem Allerschlimmsten rechnen, wozu es nun zu unserem größten Bedauern gekommen ist», sagte Pfeiffer. Auch die anderen beiden gestorbenen Kinder waren Frühgeburten mit Vorerkrankungen.

Am Freitagabend hatten insgesamt elf Babys auf der Kinder-Intensivstation der Uniklinik eine mit Darmbakterien infizierte Nährlösung verabreicht bekommen. Am Samstag waren im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Mainz ein acht und ein zwei Monate alter Säugling gestorben. Noch ist unklar, an welcher Stelle in der Herstellungskette die Verunreinigung passiert ist. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung. Alle Geräte, die bei der Herstellung und Verabreichung der Lösung im Krankenhaus benutzt wurden, seien von den Ermittlern beschlagnahmt worden, sagte Pfeiffer.

Bundesweite Hygieneverordnung überfällig?
Nach dem Tod der Babys in der Mainzer Universitätsklinik startet Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nun einen Vorstoß, um die Hygiene in den Krankenhäusern zu verbessern. Rösler kündigte am Dienstag in Berlin an, bei der nächsten Gesundheitsministerkonferenz gemeinsam mit den Länderministerien zusätzliche Regeln für eine bessere Hygiene zu erörtern. Nach geltender Rechtslage liegt die Krankenhaushygiene in der Kompetenz der Bundesländer.

Rösler widersprach damit den Koalitionspolitikern Jens Spahn (CDU) und Ulrike Flach (FDP), die bundeseinheitliche Regelungen forderten. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Johannes Singhammer, unterstützt hingegen Röslers Plan, künftige Regelungen gemeinsam mit den Ländern zu suchen.

Hauptamtliche Hygienebeauftragte
Die Grünen im Bundestag fordern einen «Nationalen Aktionsplan Krankenhaushygiene», in dem koordinierte Maßnahmen von Bund und Ländern vereinbart werden. Dazu gehöre etwa die Verpflichtung der Krankenhäuser, hauptamtliche Hygienebeauftragte einzuführen, sagte der Abgeordnete Harald Terpe. Auch das Bewusstsein des Krankenhauspersonals für die Bedeutung der Hygiene muss durch die Verstärkung bestehender Kampagnen wie «Saubere Hände» verbessert werden.

Der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, Klaus-Dieter Zastrow, forderte eine bundesweite Hygieneverordnung. Eine solche Regelung sei längst überfällig, sagte der Arzt für Hygiene und Umweltmedizin der Vivantes Kliniken Berlin am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. Jährlich gebe es in Deutschland bis zu einer Million Krankenhaus-Infektionen und bis zu 40.000 Tote. Die Hälfte dieser Fälle wäre nach Darstellung Zastrows durch sachgerechte Hygiene vermeidbar. Die Folgekosten durch Krankenhaus-Infektionen gingen in die Milliarden.

Zastrow sagte, nötig sei eine bundesweite Regelung, keine Länderverordnungen. «Föderalismus hat an der Stelle nichts zu suchen. Bakterien kennen keine Grenzen», sagte er. Der Fall aus Mainz, bei dem drei Babys nach der Verabreichung von verschmutzten Infusionen gestorben sind, gebe große Rätsel auf. Es sei eigentlich nicht nachvollziehbar, wie die Keime in die Lösung gelangt seien. Vermutlich habe es sich um menschliches Versagen gehandelt.