Zur Heiligsprechung der Ordensfrau fehlt ein Zeichen von oben

Kein Wunder für Mutter Teresa?

Ein Geburtstagswunsch für Mutter Teresa geht nicht in Erfüllung: Dass die Ordensgründerin, die am 26. August 100 Jahre alt geworden wäre, bald den Titel einer Heiligen der katholischen Kirche erhält. In Rekordzeit, nur sechs Jahre nach ihrem Tod, war sie 2003 von Johannes Paul II. zur Seligen erhoben worden. Das zweite Verfahren ist nötig, um eine offizielle liturgische Verehrung Mutter Teresas in allen Diözesen weltweit zu gestatten. Doch es stockt. "Das Einzige, was fehlt, ist ein Wunder", sagt Schwester Elia vom Postulationsbüro in Rom.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Dabei glauben viele, dass der «Engel von Kalkutta» ihnen vom Himmel herab geholfen hat. Mehr als 3.000 Nachrichten über Gnadenerweise seien inzwischen eingegangen, sagt Schwester Elia, Österreicherin und Mitglied im Mutter-Teresa-Orden der «Missionarinnen der Nächstenliebe». Seit rund einem Jahrzehnt arbeitet sie im Team von Postulator Brian Kolodiejchuk, sozusagen dem Anwalt Mutter Teresas in Sachen Selig- und Heiligsprechung. Doch anders als im ersten Prozess war jetzt noch kein wirklich Erfolg versprechender Fall dabei: einer, der Aussicht hätte, die strenge Prüfung des ärztlichen und theologischen Komitees im Vatikan zu bestehen.

Möglicherweise könnte das Verfahren längst den entscheidenden Schritt weiter sein, wenn es nicht an banalen Dingen gescheitert wäre: Da wurden Heilungsdokumentationen unvollständig eingereicht; wichtige Angaben fehlten. Bei Fällen aus afrikanischen Ländern bestehen laut Schwester Elia oft Zweifel, ob wirklich alle diagnostischen und therapeutischen Mittel ausgeschöpft wurden. Schließlich gibt es noch ein theologisches Knockout: Unklarheit darüber, auf wessen Fürsprache eine wunderbare Genesung geschah. «Wenn jemand außer zu Mutter Teresa auch zu Johannes Paul II. gebetet hat, fällt das Ganze ins Wasser.»

Verfahren liegt gut in der Zeit
Im Prinzip liegt der Prozess trotz allem gut in der Zeit: Pater Pio (1887-1968), der italienische Kapuziner mit den Wundmalen Jesu, brauchte für die Phase zwischen Selig- und Heiligsprechung zwar nur zwei Jahre; unterm Strich erfolgte die feierliche Kanonisation allerdings erst 33 Jahre nach seinem Tod. Auch die Seligsprechung von Johannes Paul II. dauert länger, als manchem lieb ist. War schon zu verschiedenen Terminen in diesem Jahr mit seiner Erhebung zur Ehre der Altäre gerechnet worden, so gilt inzwischen nicht einmal der April 2011 - sein sechster Todestag - als sicher.

Die Missionarinnen der Nächstenliebe scheint die ausstehende Heiligsprechung nicht sonderlich zu belasten. Dabei befindet sich der Orden in einem delikaten Übergang: Die Ära der charismatischen Gründerin wird immer mehr Geschichte. Nach der Inderin Nirmala Joshi, noch zu Lebzeiten Mutter Teresas zur Generaloberin gewählt, leitet inzwischen Mary Prema Pierick, eine Deutsche, die Gemeinschaft von 5.200 Schwestern. Die Novizinnen, die jetzt nachkommen, haben Mutter Teresa in der Regel nicht mehr persönlich erlebt. Trotzdem wächst der Orden ungebrochen weiter, wenngleich nicht so stark wie in früheren Jahren.
Glaubenszweifel kein Hindernis
Unterdessen verändert sich das Image der kleinen Frau im weißen Sari, die unerschrocken Sterbende von den Straßen Kalkuttas auflas. In ihrem zehnten Todesjahr, 2007, erschienen private Briefe und Aufzeichnungen Mutter Teresas, die von starken Zweifeln sprachen. «Wo ist mein Glaube?», fragte sie. «Selbst tief drinnen in meinem Innersten ist nichts als Leere und Dunkelheit.» Aus Sicht von Schwester Elia beeinträchtigen solche Äußerungen keineswegs die spirituelle Größe, im Gegenteil: Sie zeigten, dass der Glaube «nicht nur in Gefühlen, sondern im Willen» liege.

Zum Jubiläum der Gründerin feiert nun Kardinal Angelo Comastri in Rom eine Festmesse. Der 66-jährige Erzpriester von Sankt Peter war Mutter Teresa noch persönlich begegnet; er gilt als Fürsprecher des Ordens. Zugleich beginnen die Missionarinnen der Nächstenliebe in Rom und an zahlreichen anderen Orten der Welt eine «Gebetsnovene zur Vorbereitung auf das Fest der seligen Mutter Teresa» am 5. September. Manche werden auch um ein Wunder beten.