Kaczynski-Kreuz in Warschau versetzt

Streit geht weiter

Nach monatelangem Streit hat Polens neuer Staatspräsident Bronislaw Komorowski das Gedenkkreuz für seinen tödlich verunglückten Vorgänger Lech Kaczynski vor dem Präsidentenpalast entfernen lassen. Sicherheitskräfte brachten es am Donnerstagmorgen überraschend in die Kapelle des Palastes. Doch der Streit geht weiter.

Warschau: Das Kreuz steht nicht mehr vor dem Palast (epd)
Warschau: Das Kreuz steht nicht mehr vor dem Palast / ( epd )

Komorowski sagte zur Begründung, eine Verlängerung des bisherigen Zustands würde die Autorität des Staates und der Kirche untergraben.



Die konservative Opposition und die nationalkatholische Gruppe der "Kreuzverteidiger", die vor dem Präsidentenpalast seit Juli eine ständige Mahnwache abhält, bezeichneten Komorowskis Entscheidung als skandalös. Polens Regierung und das Erzbistum Warschau begrüßten dagegen die Verlegung. Ministerpräsident Donald Tusk sagte, viele Polen hätten auf diesen Schritt gewartet, weil das Kreuz und sein Standort zu einem Vorwand für Konflikte geworden sei.



Komorowski sagte der polnischen Nachrichtenagentur PAP, wenn das Kreuz weiter vor dem Präsidentenpalast stehenbliebe, würde das Unbehagen der meisten Gläubigen in Polen andauern. Die Mehrheit wünsche sich einen würdigen Standort und sei dagegen, dass das Kreuz zum politischen Spielball werde. Die Präsidialverwaltung erklärte, das Kreuz solle später wie geplant in die benachbarte St.-Anna-Kirche gebracht werden. Wann es dorthin versetzt werde, hänge von der katholischen Kirche ab.



Der Leiter der Präsidialamtes, Jacek Michalowski, betonte, die religiösen Gefühle vieler Polen seien verletzt worden. Das Kreuz sei zur "Geisel der politischen Auseinandersetzung" geworden, obwohl die Bischöfe zur Verlegung an einen würdigen Ort aufgerufen hätten. Wann es in die Annakirche versetzt wird, hängt laut Michalowski von der katholischen Kirche ab.



Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski, Zwillingsbruder des im April beim Absturz der Präsidentenmaschine getöteten Staatspräsidenten, sagte laut Polnischem Rundfunk, es sehe so aus, als verstaue man das Kreuz in einem Abstellraum. Ein Sprecher der "Kreuzverteidiger" nannte das Vorgehen Komorowskis ein Zeichen der "Arroganz der Macht".



In einer Erklärung des Erzbistums heißt es, die jetzige Versetzung des Kreuzes entspreche einer Vereinbarung vom Juli. Damals hatten sich die Präsidialverwaltung und das Bistum auf die Annakirche als neuen Standort verständigt. Die Polnische Bischofskonferenz wurde allerdings nach Angaben ihres Pressesprechers nicht vorab über den Abtransport in die Präsidentenkapelle informiert. Episkopatssprecher Jozef Kloch sagte: "Wir waren überrascht."



Bei der Flugzeugkatastrophe von Smolensk waren am 10. April Kaczynski und eine hochrangige polnische Delegation ums Leben gekommen. Wenige Tage später errichteten Pfadfinder als Zeichen der Trauer das Kreuz. In der Diskussion über religiöse Symbole vor dem Amtssitz des Staatsoberhaupts ging es auch um das grundlegende Verhältnis von Staat und Religion in Polen.