Weiter Trubel um «Dritte-Welt»-Kommentar

Kardinal Kasper in der Kritik

Kurienkardinal Walter Kasper (77) will sich offenbar nicht für seinen umstrittenen «Dritte-Welt»-Kommentar entschuldigen. Laut einem Bericht des «Daily Telegraph» sagte Kaspers persönlicher Referent Oliver Lahl der Zeitung, der Kardinal betrachte die Angelegenheit als erledigt. Vatikansprecher Federico Lombardi habe bereits erklärt, Kasper habe nur die «kulturelle Vielfalt» Großbritanniens kommentieren wollen.

 (DR)

Der Kommentar sei "weder rassistisch noch fremdenfeindlich" gewesen, so Lahl laut "Telegraph" weiter. Kasper könne nicht verstehen, warum "so eine große Sache" daraus gemacht werde. Da der Kardinal krank im Bett liege, habe er die Medienberichterstattung nicht verfolgen können.



Ein aus dem Zusammenhang gerissenes Interview-Zitat Kaspers hatte am Vorabend der Papstreise für einen Eklat in den britischen Medien gesorgt. Die Tageszeitung "The Times" sprach von einem "Last-Minute-PR-Debakel". Die betreffende Aussage stammt aus einem Interview, das der deutsche Kurienkardinal dem Magazin "Focus" gegeben hatte. Wörtlich sagte er: "England ist heute ein säkularisiertes, pluralistisches Land. Wenn Sie am Flughafen Heathrow landen, denken Sie manchmal, Sie wären in einem Land der Dritten Welt gelandet."



Die Zeitung "The Guardian" (Mittwoch) meldete daraufhin, der frühere vatikanische Ökumene-Minister habe England mit einem Dritte-Welt-Land verglichen und sei von der Delegation Benedikts XVI. zurückgetreten. Tatsächlich bezog sich die Äußerung Kaspers auf die kulturelle Pluralität Großbritanniens und war nicht abwertend akzentuiert. Das bestätigte auch die Focus-Journalistin, die das Interview geführt hatte, auf Nachfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Verzicht auf eine Teilnahme Kaspers an der Reise erfolgte wegen einer kurzfristigen Erkrankung und stand in keinem Zusammenhang mit dem Interview.



Der Vorsitzende der Schottischen Bischofskonferenz, Kardinal Keith O"Brien, erklärte noch am Donnerstagvormittag, er rechne mit einer Entschuldigung Kaspers. Dessen Aussage sei "unglücklich" gewesen, und er nehme an, dass sich der Kurienkardinal entschuldigen werde, sagte O"Brien im Sender BBC in Schottland. Der katholische Erzbischof von Westminster, Vincent Nichols, nannte Kaspers Kommentar "unerklärlich".



Papst Benedikt XVI. hatte am Vormittag bei seiner ersten Rede während der Reise vor "aggressiveren Formen des Säkularismus" und Intoleranz in der Gesellschaft gewarnt. Trotz des Bestrebens, eine multikulturelle Gesellschaft zu sein, müsse Großbritannien Respekt vor traditionellen Werten bewahren.