Die Caritas zu Hartz-IV-Sätzen und Bildungspaket

«Nicht nachvollziehbar»

Der Deutsche Caritasverband hält auch nach den bisher bekannten Änderungen an seiner Kritik am Gesetzentwurf zur Neuregelung der Hartz-IV-Regelsätze und zur Einführung des Bildungspakets fest. Caritas-Chef Peter Neher nennt das Konzept, das am Mittwoch das Bundeskabinett passieren soll, «in Teilen nicht nachvollziehbar».

 (DR)

KNA: Herr Prälat Neher, das Bundeskabinett bringt am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Neuordnung der Hartz-IV-Sätze und zum Bildungspaket auf den Weg. Ist der Bedarf, den das Sozialmi-nisterium seinen Berechnungen zugrunde liegt, nach den Erfahrungen der Caritas fair berechnet und damit ein sozial verträgliches Gesetz in der Mache?

Neher: Wir kritisieren an dem vorliegenden Referentenentwurf, dass er in Teilen nicht nachvollziehbar ist. So ist beispielsweise nicht einsichtig, warum für einen alleinstehenden Erwachsenen die untersten 15 Prozent der Referenzgruppe herangezogen wurden und nicht wie bisher die für Familien geltenden untersten 20 Prozent der Haushalte. Auch die Herausnahme der Kosten für Alkohol und Tabak ist kritisch zu sehen. Die Haushalte konnten die Summe von rund 17 Euro ja auch in anderer Weise verwenden; dieser Spielraum ist jetzt weg und im Geldbeutel schmerzhaft zu spüren.



KNA: Zum Thema Leistungen für Kinder: Können Sachleistungen und Gutscheine kompensieren, dass es beim Geld gerade für Heranwachsende kaum Erhöhungen gibt?

Neher: Sachleistungen und Gutscheine können nicht kompensieren, dass es beim Sozialgeld für Kinder und Jugendliche keine Erhöhungen gibt. Das eine ist das vom Bundesverfassungsgericht geforderte soziokulturelle Existenzminimum. Hier hatten wir deutliche Verbesserungen erwartet. Das andere sind die zusätzlichen Leistungen für die gesellschaftliche Teilhabe und Bildung von Heranwachsenden.



Das dafür geplante Paket begrüße ich ausdrücklich, hat sich der Deutsche Caritasverband doch immer für befähigende Sachleistungen wie Unterstützung bei Nachhilfe oder Sport- und Freizeitangeboten stark gemacht. In der Summe von 120 Euro jährlich, also zehn Euro pro Monat, sehe ich allerdings noch einen Entwicklungsbedarf.



KNA: Bei der Umsetzung des Bildungspakets sollen nun die Kommunen der Bundesanstalt für Arbeit beispringen. Zugleich sind die Wohlfahrtsverbände und diverse andere Ansprechpartner gefragt. Wie schwer wird die Umsetzung angesichts der diversen Akteure?

Neher: Grundsätzlich gilt, dass die Jobcenter Menschen in Arbeit vermitteln sollen. Zu befürchten ist, dass bei einer Umsetzung dieser Pläne die Sachbearbeiter vor Ort sowohl fachlich als auch personell überfordert sind. Dies räumt selbst die Bundesagentur für Arbeit ein. Gleichzeitig muss vermieden werden, dass Doppelstrukturen entstehen. Wir haben in unserer Stellungnahme zum Gesetz hier einen konkreten Vorschlag gemacht. Unter anderem können wir uns vorstellen, dass Jugendhilfeträger in den Jobcentern direkt Beratung anbieten.



Das Interview führte Christoph Strack.