Nnimmo Bassey ist ein guter Redner. Überall, wo er derzeit Vorträge hält, macht er deutlich, wie schlecht es um das Niger-Delta bestellt ist. Er zeigt Bilder von der schwarzen Pest, von zerstörten Landschaften, und er präsentiert Zahlen, bei denen viele Zuhörer unwillkürlich die Augen aufreißen oder nur ungläubig ihre Köpfe schütteln. Etwa die der Lebenserwartung. Gerade mal 41 Jahre sind es noch im Delta, so schlecht sind die Lebensbedingungen; im restlichen Teil Nigerias liegt sie immerhin noch bei 48 Jahren.
Eine weitere Zahl lässt jedoch auch den langjährigen Menschenrechtsaktivisten zusammenzucken: "3.400 Ölkatastrophen hat es in den vergangenen vier Jahren gegeben. Das ist so unglaublich!" Rechnerisch sind das täglich zwei bis drei. Eines ist dem 52-Jährigen dabei ganz besonders wichtig: Die Zahl stammt nicht von ihm oder von einer der zahlreichen Nichtregierungsorganisationen. Veröffentlicht hat sie die National Oil Spill Detection And Response Agency (NOSDRA), eine nationale Agentur zur Erfassung der Ölunfälle:
Das ist sozusagen die staatliche Absicherung der Katastrophe.
Doch der schlanke Mann, der auf den ersten Blick nicht weiter auffällt, schaut nicht nur auf Papiere und Studien, sondern auch auf die Menschen dahinter. "Es ist schwierig, dieses große Unglück zu sehen und gleichzeitig unbeeindruckt zu bleiben oder nicht wütend zu werden. Denn das, was dort passiert, ist komplett sinnlos."
Seit mehr als 20 Jahren wehrt sich Nnimmo Bassey dagegen. Seine Wurzeln hat er in der Menschenrechtsbewegung, die Ende der 80er Jahre aktiv gegen die Militärherrschaft kämpfte. Dem Umweltschutz fühlt er sich verpflichtet, seit Soldaten immer häufiger Dörfer angriffen, in denen Ölunternehmen aktiv waren. Um Menschenrechte und Umweltschutz effektiver zu verbinden, gründete er 1993 gemeinsam mit zwei Freunden die Organisation Environmental Rights Action, die auch unter dem Namen Friends of the Earth Nigeria (Freunde der Erde) bekannt ist.
Hauptgegner sind seit Beginn des Kampfes die multinationalen Ölkonzerne, allen voran Shell. Aus Sicht von Bassey kümmert sich das Unternehmen "kein bisschen" um die Umweltzerstörung, setzt alte Leitungen nicht wieder instand und reagiert viel zu langsam auf kleine und große Unfälle. "Dabei gehört das Öl in die Erde", macht er seinen Standpunkt immer wieder deutlich.
Viel zaghafter ist er freilich gegenüber der nigerianischen Regierung, die eigentlich die Spielregeln der Großkonzerne bestimmt. Doch Kritik, dass er mit den Politikern seines Landes zu vorsichtig umgehe, will Nnimmo Bassey nicht gelten lassen: "Wenn wir über die eine Seite sprechen, sprechen wir gleichzeitig auch über die andere Seite." Vermutlich hat die Regierung deshalb aus Sicht des Umweltaktivisten bislang kaum zur Kenntnis genommen, dass der Alternative Nobelpreis in diesem Jahr in das einwohnerstärkste Land Afrikas geht. "Es gab einen Artikel in einer Tageszeitung. In dem stand, dass es eine wichtige Auszeichnung ist. Persönlich hat aber niemand mit mir darüber gesprochen."
Auch Nnimmo Bassey aus Nigeria erhält den Alternativen Nobelpreis
Das Öl gehört der Erde
Eigentlich wird es das "Schwarze Gold" genannt. Doch im nigerianischen Niger-Delta sind die Ölfunde seit den 1950er Jahren zur schwarzen Pest geworden. Umweltverschmutzung, Öllachen und Rebellengruppen prägen seitdem weite Teile der Region. Nnimmo Bassey kämpft dagegen an. Für sein Engagement erhält der Menschenrechts- und Umweltaktivist am Montag den Alternativen Nobelpreis.
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