Kirchenhistoriker Erwin Gatz geht in Rom nach 35 Jahren in Pension

Stabwechsel am Campo Santo

In der deutschsprachigen Gemeinde Roms ist er eine Institution. 35 Jahre lang war der Aachener Kirchenhistoriker Erwin Gatz Rektor am Campo Santo Teutonico - und ist damit dienstältester deutscher Kirchenmann rund um den Vatikan.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Kirchenhistoriker Erwin Gatz  (KNA)
Kirchenhistoriker Erwin Gatz / ( KNA )

Durch seine wissenschaftliche Tätigkeit, seine Buchveröffentlichungen und Vorträge machte er sich international einen Namen. Aus dem Kolleg gingen unter seiner Ägide weit mehr als 100 Priester, Professoren und auch einige künftige Bischöfe hervor. Zudem versammelte er in der Kirche direkt neben dem Petersdom jeden Sonntag eine Gottesdienstgemeinde aus Deutschrömern und Pilgern.



Mit 77 Jahren hat Gatz am Dienstag sein Amt weitergegeben. Nachfolger in der ältesten deutschen Nationalstiftung Roms, die auf Karl den Großen zurückgeht, wurde auf Vorschlag der Deutschen Bischofskonferenz der Freiburger Diözesanpriester Hans-Peter Fischer (49). Die Verabschiedung von Rektor Gatz erfolgte am 8. Dezember, dem Patronatsfest der Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes am Campo Santo. Diese 550 Jahre alte Institution ist Eigentümerin des exterritorialen Anwesens rund um den idyllischen Friedhof (Campo Santo), mit der Kirche und den anschließenden Kollegsgebäuden.



Zum Stabswechsel am Campo Santo war der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, angereist. Er dankte Gatz für seinen Dienst an Kirche und Forschung. Er würdigte seine wissenschaftliche Tätigkeit, lobte sein "unverzichtbares Werk "Geschichte des kirchlichen Lebens"". Aber er dankte auch für seine Kollegsleitung und die Menschenführung. Mit viel Geschick habe der Rektor junge Studenten für die Kirchengeschichte motiviert, er habe in Priesterseminaren und an Fakultäten im gesamten Deutschen Sprachraum um Studenten für Rom geworben. Und er habe sie für den Vatikan und die Weltkirche sensibilisiert. Unter ihm sei der Campo Santo zu einer geistlichen Anlaufstelle für Pilger geworden.



Große Fußstapfen für Nachfolger

Die Anfänge waren freilich schwierig. Als Gatz 1975 nach Rom kam, hatte der Campo Santo turbulente Jahre hinter sich. Die Bischofskonferenz suchte als Rektor keinen älteren verdienten Priester, sondern einen jüngeren geistlichen Akademiker. Sie entschied sich für Gatz, der nach zehn Jahren als Kaplan in seinem Heimatbistum Aachen, nach Promotion und Habilitation als Akademischer Oberrat für Kirchengeschichte an der Universität Bonn tätig war. Bald nach seiner Ankunft bemühte er sich um eine Konsolidierung des Priesterkollegs, dessen 25 Plätze heute voll belegt sind. Er sorgte für klare Rechtsverhältnisse; die Erzbruderschaft erhielt ein neues Statut. Der Campo Santo wurde zu seiner Lebensaufgabe. Er sei dankbar, dass er viel gestalten konnte, sagte der sonst so nüchterne Wissenschaftler zum Abschied sichtlich gerührt.



Sein Nachfolger Fischer, bislang Pfarrer in Donaueschingen, tritt in große Fußstapfen - und die Erwartungen sind hoch. Er hat eine Zeit lang in Rom studiert, kennt die Stadt. Er sei ein Seelsorger, der auf die Menschen zugehe, unterstrich Zollitsch bei seiner Einführung. "Pflegen Sie diesen Ort weiter als Anlaufstätte für Pilger und jene, die ihrer Verstorbenen gedenken wollen", gab er dem neuen Rektor mit auf den Weg. "Nutzen Sie diesen Ort als Kolleg für Priester und Priesterkandidaten, um die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu ermöglichen."



Das Aufgabenfeld Fischers ist etwas anders als das seines Vorgängers. Die Leitung des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, die Gatz ebenfalls innehatte, geht an den Kölner Priester Stefan Heid, Professor am Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie. Dafür muss Fischer nach einer Einarbeitungszeit im kommenden Jahr zusätzlich die Leitung der deutschen Pilgerseelsorge in Rom übernehmen. Der Priestermangel hat auch Auswirkungen für die deutschsprachigen Institutionen in Rom; Synergien sind gefragt.



Unterdessen ist der Abschied von Gatz weder radikal noch endgültig.  Der bisherige Rektor der römischen Gründung Karls des Großen wird nicht komplett in die Karlsstadt Aachen übersiedeln. Er behält eine Bleibe im Campo Santo - und wird sich so seinen kirchenhistorischen Studien auch künftig zeitweise in Rom widmen können.