KNA: Herr Vogel, was ermutigt Sie, den Appell zum Nachdenken über "viri probati" jetzt zu veröffentlichen?
Vogel: Ganz aktuell die Aufforderung des Vorsitzenden der Bischofskonferenz und der gesamten Deutschen Bischofskonferenz, einen breit angelegten Dialogprozess zu beginnen und dabei über die Themen zu sprechen, die für das Leben der Kirche in Deutschland von besonderer Dringlichkeit sind. Hinzu kommt die Tatsache, dass vor 40 Jahren in Würzburg die Synode der Bistümer begonnen hat. Dort wurde über die Frage gesprochen. Sie wurde aber nicht gelöst, sondern vertagt.
KNA: In Würzburg intervenierten die anwesenden Bischöfe und verhinderten damit eine Entscheidung. Wie heftig verliefen diese Debatten?
Vogel: Nicht nur ich, auch andere Unterzeichner unserer Bitte waren dabei. Damals wurde darüber sehr heftig diskutiert. Aber es gab praktisch ein Veto der Bischöfe, in der Synode darüber einen Beschluss zu fassen. Die Bischöfe haben aber in ihrer Begründung ausdrücklich gesagt, wenn der Priestermangel weiter zunehmen sollte, müsste über diese Frage zu gegebener Zeit wieder gesprochen werden. Und diese Zeit ist nun wirklich gekommen.
KNA: In Ihrer Stellungnahme schreiben Sie von einer Not vieler priesterloser Gemeinden. Erleben Sie diese Not im täglichen oder sonntäglichen Alltag?
Vogel: Ja, selbstverständlich. Ich erlebe die Not, dass Pfarreien zusammengelegt oder gemeinsam geführt werden müssen, von einem oder von ganz wenigen Geistlichen. Vielen Laien kann der sonntägliche Gottesdienst nicht mehr angeboten werden, oder sie können ihn nur unter größten Mühen erreichen.
KNA: Kann die Kirche die Frage der viri probati losgelöst vom Thema Zölibat diskutieren? Sollte es also möglich sein, dass zwar Priester nicht heiraten dürfen, aber dass verheiratete gestandene Männer Priester werden können?
Vogel: Den Zölibat wird es nach meiner festen Überzeugung in unserer Kirche immer geben. Und wir achten dieses Gesetz und alle Priester, die es aus innerer Überzeugung leben. Aber es ist kein dogmatisch zwingendes Gebot. Und deswegen geht unsere Bitte und unsere Überlegung dahin, neben dem Zölibat auch verheiratete, bewährte Männer zu Priestern zu weihen.
KNA: Die katholische Kirche in Deutschland wirkt gelegentlich fast gespalten zwischen dem Zentralkomitee und den großen Laienverbänden und konservativeren Gruppen. Lässt sich eine so grundlegende Frage wie die der viri probati trotz dieser Kluft diskutieren?
Vogel: Gerade wegen dieser Kluft! Denn gerade weil die Meinungen sehr viel weiter als früher auseinandergehen, gerade weil Diskussionen viel offener als früher geführt werden, gebe ich unserem Anliegen eine große Chance. Und wir äußern unseren Wunsch ja aus Liebe und aus Verbundenheit zu unserer Kirche, aber eben auch aus Sorge. Von Spaltung würde ich auf keinen Fall reden, von sehr divergierenden Meinungen durchaus.
KNA: Unterzeichner des Schreibens sind acht führende CDU-Politiker. Warum haben Sie nicht weitere Unterstützer gesucht?
Vogel: Ich bin fest überzeugt, dass unser Aufruf eine breite Unterstützung von vielen finden wird, auch aus den unterschiedlichsten Parteien. Wir sind als Initiatoren eben ein Freundeskreis engagierter katholischer Christen, die sich seit Jahrzehnten in der CDU politisch engagiert haben. Aber das Echo, so hoffe ich, wird selbstverständlich wesentlich breiter sein. Wir haben nicht gesucht: Wer macht mit? Selbstverständlich steht es jedem offen, sich dieser Vorstellung und dieser Bitte anzuschließen.
Interview: Christoph Strack
Vogel begründet "Bitte" um viri probati
"Diese Zeit ist nun wirklich gekommen"
Führende CDU-Politiker haben sich am Freitag für eine Zulassung von sogenannten viri probati zum Priesteramt ausgesprochen. Einer der Autoren der Erklärung ist der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, Bernhard Vogel. Im Interview begründet er den Appell.
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