Kardinal Obando wird 85

"Wir konnten immer miteinander reden"

Weltweit bekannt wurde Kardinal Miguel Obando Bravo in den Jahren 1979 bis 1990. Die Ära von Daniel Ortega und seinen Sandinisten in Nicaragua war die wohl schwierigste Zeit für den Salesianer und mehrfachen Vorsitzenden der Nicaraguanischen Bischofskonferenz. Auf 85 Lebensjahre kann der Kardinal inzwischen zurückblicken.

Autor/in:
Albert Steuer
Kardinal Miguel Obando Bravo  (KNA)
Kardinal Miguel Obando Bravo / ( KNA )

Vor einigen Jahren haben sich Obando und der heute 65-jährige Ortega, seit 2006 zum zweiten Mal demokratisch gewählter Präsident Nicaraguas, die beide aus der südlichen Kleinstadt La Libertad (Freiheit) stammen, wieder ausgesöhnt. Seinerzeit aber lieferten sie sich oft harte Konfrontationen über das Gesellschaftssystem und den weiteren Weg ihres Landes. Die führenden Sandinisten, so begrüßte Obando 2004, hätten sich geändert und Fehler eingeräumt. Inzwischen wollten sie gute Beziehungen zur katholischen Kirche, der etwa 90 Prozent der rund sechs Millionen Bewohner Nicaraguas angehören. Im Übrigen erinnert er sich: "Sogar in den schlechtesten Zeiten sind Daniel Ortega und ich immer in der Lage gewesen, miteinander zu reden."



Ein Mann mit indigenen Wurzeln

Miguel Obando Bravo wurde am 2. Februar 1926 in La Libertad geboren; seine Mutter war Indianerin. Nach seinem Studium in mehreren mittel- und südamerikanischen Ländern wurde er am 10. August 1958 in El Salvador für den Salesianerorden zum Priester geweiht. In den folgenden Jahren war er als Mathematik- und Physiklehrer am Priesterseminar und ab 1961 als Rektor des Rinaldi-Instituts der Salesianer in El Salvador tätig.



Die Ernennung zum Weihbischof im Bistum Matagalpa bedeutete für Obando Anfang 1968 die Rückkehr in seine Heimat. Nur zwei Jahre später der große Karrieresprung: Papst Paul VI. übertrug dem 44-Jährigen die seit Juni 1968 vakante Hauptstadt-Erzdiözese Managua mit damals rund 600.000 Katholiken. Im April 1970 trat Obando sein Amt im einzigen Erzbistum Nicaraguas an - in der Schlussphase des Regimes des Somoza-Clans, der das kleine Land seit den 30er Jahren im Griff hatte.



Der junge Erzbischof im Widerstand

Der junge Erzbischof sah sich schon bald zum Widerstand gegen die Machenschaften von Anastasio Somoza Debayle (1925-1980) veranlasst. 1979 krönten Ortega und die Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) ihre Nicaraguanische Revolution mit dem Sturz des Diktators. Im Volk schlug ihnen große Zustimmung entgegen, und auch die Bischöfe aus den acht Diözesen signalisierten Sympathie. In der neuen Regierung übernahmen auch vier Priester, darunter die Brüder Ernesto und Fernando Cardenal Martinez sowie Miguel D"Escoto Brockmann, Ministerämter.



Die sozialistisch-marxistische Orientierung und die oft kirchenfeindliche Haltung der Sandinisten bewirkten allerdings zunehmend Enttäuschung bei Obando und seinen Amtsbrüdern. Zudem verschärften sich die Konflikte mit der befreiungstheologischen "iglesia popular" (Volkskirche). Als die Konflikte zwischen der FSNL und den von den USA unterstützten "Contras" mehr und mehr kriegerische Züge annahmen, stellte sich Obando offen auf die Seite der gewaltlosen Opposition. Während vor allem in der westlichen Welt die Solidarität mit Sandinisten wuchs, war der Erzbischof wegen seiner Position im In- und Ausland vielen Anfeindungen ausgesetzt.



Kardinalsernennung erfolgte 1985

Dabei passte auf ihn weder die Schablone des "Liberalen" noch die des "Erzkonservativen". Kirchenpolitisch hatte Obando ab 1978 die Unterstützung von Johannes Paul II., der ihm 1985 den Purpur verlieh. Persönlich konnte der polnische Papst Obando und den übrigen Bischöfen den Rücken stärken, als er Nicaragua im März 1983 besuchte. Als Vermittler erreichte Obando schließlich den Waffenstillstand zwischen der FSLN und den "Contras" und die Abhaltung der ersten freien Wahlen 1990. Dabei siegten Violeta Barrios de Chamorro (81), die der Kardinal seit Jahren unterstützte, und ihr antisandinistisches Parteienbündnis "UNO".



Erst im 80. Lebensjahr wurde der Erzbischof von Managua emeritiert - zum 1. April 2005. Die Annahme seines Rücktritts war eine der letzten Amtshandlungen des Wojtyla-Papstes. Wenige Wochen später reiste Obando in den Vatikan, um an der Wahl des neuen Papstes teilzunehmen.